Vorarlberger Modellregion zeigt neuen Weg auf

Landeshauptmann Markus Wallner, Gesundheitsexperte Armin Fidler und Daniela Schmid von der Agentur für Gesundheit (AGES) haben im Pressefoyer eine positive Bilanz gezogen.
Bregenz “Wir haben in Vorarlberg gezeigt, wie es gehen kann.” Nach zwei Monaten Modellregion ist Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) durchaus zufrieden. Die Entscheidung damals war zwar aufgrund der Sonderlage Vorarlbergs angemessen, jedoch durchaus auch mit Risiken verbunden. Den Anstieg des Infektionsgeschehens ab Ende März führt er auf das zeitversetzte Ankommen der “britischen” Variante im Land zurück. Inzwischen ist diese für jede festgestellte Infektion in Vorarlberg verantwortlich. Gerade mit Blick auf die Kinder und deren psychologischen Bedürfnisse war der Sonderweg jedoch notwendig.
Testquote statt Inzidenz
Auf die Clusterbildungen im Leiblachtal, Bregenzerwald und im Rheindelta habe man rasch und konsequent reagiert, die Testmoral der Vorarlberger sei vorbildlich. Gerade die hohe Testdichte in Vorarlberg erlaube den Behörden, qualifizierte Maßnahmen zu setzen. Der Blick zum früheren Vorbild Deutschland zeige, wie wichtig eine hohe Testbereitschaft und die Digitalisierung für erfolgreiche Schritte ist. Durch die steigende Impfquote werde man künftig auch wieder mit weniger Testungen auskommen, lässt Wallner durchblicken.

“Es ist weiter wichtig, nicht nur auf die Inzidenz zu achten”, betont Wallner. Wichtig sei auch die Belastung des Gesundheitssystems, aber auch die Notwendigkeit, angemessene Testmöglichkeiten zu bieten. Die Intensivstationen waren der Situation immer gewachsen. “Es ist uns gelungen, dass wir Hoffnung geben konnten, dass es auch einen anderen Weg geben kann”, freut sich Wallner, ohne einen landesweiten Lockdown ausgekommen zu sein.
Modellregion trotzte Unkenrufen
Ins selbe Horn stößt Gesundheitsexperte Armin Fidler. “Wir haben im Vergleich zum letzten Jahr sehr viel gelernt”, betont er. Dazu zählt auch, dass man vergangenen Sommer das Virus unterschätzt habe. Man war sich bei der Planung der Modellregion bewusst, dass die Fallzahlen allein schon durch die Ankunft der “britischen” Mutation steigen würde. Durch die Vorbereitung, Begleitung durch die AGES und gesetzten Reaktionen habe man aber vermeiden können, dass die Situation entgleist. In den vergangenen Wochen verzeichnete Vorarlberg bereits wieder einen Abstieg der Fallzahlen und Inzidenz. Insgesamt sei es Vorarlberg damit gelungen, trotz Öffnungsschritten nur eine verzögerte, aber nicht schlimmere Entwicklung als der Rest Österreichs durchzumachen.
Unterstützt wurden die Bemühungen durch die Impfkampagne. In den vergangenen acht Wochen wurde die Zahl der Personen mit zumindest teilweisem Impfschutz verdreifacht. Die Öffnungsschritte vor acht Wochen seien nun das Vorbild der bundesweiten Lockerungen, von denen der Rest Österreichs nun profitiere.
Wissenschaft zur Modellregion
Wallner ist wichtig zu betonen, dass das Land von Anfang an durch die AGES wissenschaftlich begleitet wurde. Der Fokus lag hier auf der tagesaktuellen Beurteilung der Situation für eine rasche, faktenbasierte Handlungsmöglichkeit. “Wichtig ist während einer Pandemie eine begleitende wissenschaftliche Zusammenarbeit, keine abschließende Bewertung”, unterstützt Fidler Landeshauptmann Wallner.
Begleitet wurde das Land Vorarlberg durch das Team von Daniela Schmid der AGES. “Das Allerwichtigste ist, die Dynamik zu verstehen”, betont sie, wie wichtig die Rückverfolgbarkeit der Infektionsketten für die Bewertung der Situation ist. Statt auf Wochenbasis wurden die Kennzahlen für Vorarlberg in den vergangenen Monaten täglich erhoben und bewertet. Hier lag der Fokus ebenfalls auf den Clustern und Infektionsketten. Ihr Fazit: Die Anstiege lassen sich besser durch die infektiösere Variante erklären als durch die betont kontrollierten Öffnungsschritte. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Landesbehörden und deren digitaler Infrastruktur war es in Vorarlberg sehr gut möglich, ein solch dichtes Analysenetz zu weben.
Diese Clusteranalyse durch die AGES begann dabei nicht nur mit der Modellregion, sondern wird für ganz Österreich seit Beginn der Pandemie erarbeitet und verbessert. “Jedes Bundesland hat sein Spezifikum”, räumt Schmid ein. Auf diese müsse man bei der Clusteranalyse eingehen, entsprechende Infrastrukturen wurden jedoch aufgebaut.
Gemeinsam mit der Medizinischen Universität Graz wird nun eine weitere Studie durchgeführt. Geplant sind Interviews mit 500 Vorarlbergern zu deren Wissensstand und Einstellungen zur Modellregion.
Global wird es immer Covid geben
In die Zukunft blickend betont Fidler die Bedeutung der Impfungen, um das Infektionsgeschehen, auch bei den Mutationen, einzudämmen. “Wir werden mit diesem Virus viele Jahre weiterleben und uns arrangieren müssen”, gibt Fidler zu. Das Erreichen einer Herdenimmunität sei derzeit nicht absehbar, verweist er auf die wenig erfolgreichen Anstrengungen in den USA, um mehr Impfungen zu erreichen. Global wird es daher immer wieder passieren können, dass Infektionen nach Österreich zurückgetragen werden.
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