Bezirksgericht: Warum ein Künstler einen Stein auf Barkeeper schleuderte

Vorarlberg / 20.05.2021 • 12:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Bezirksgericht: Warum ein Künstler einen Stein auf Barkeeper schleuderte
Den Steinwurf verstand der Angeklagte auch als einen “Hilferuf an den Vater Staat”. Symbol/AP

Ein Graffiti-Sprayer hatte allerlei Flausen im Kopf.

Bregenz Eigentlich will der 42-jährige Italiener, der sich als Künstler bezeichnet, nur diverse Unterführungen „verschönern“. Zurzeit gerade arbeitslos, erscheint er termingerecht als Beschuldigter bei der Verhandlung am Bezirksgericht Bregenz. Richter Christian Röthlin wirft dem fünffachen Vater die Delikte der versuchten Körperverletzung und Sachbeschädigung vor.

„Er hat mich erniedrigt“

Ersteres war wohl seinem hitzigen Temperament zuzurechnen. Nicht Kreativität, sondern Aggressivität sprudelte aus dem Kopf dieser enthemmten Graffiti-Koryphäe. So trug es sich zu, dass er dereinst einen Stein ergriff und ihn wutentbrannt auf den Barkeeper eines Lokals an der Bregenzer Seepromenade schleuderte.

Auf die Frage nach dem Warum entgegnet der Beschuldigte: „Dieser Kellner hat mich erniedrigt!  Obwohl ich mein Getränk bereits bezahlt hatte, wollte er mich plötzlich aus dem Lokal schmeißen und erteilte mir Hausverbot.  Und warum? Nur weil ich von dunkler Hautfarbe bin. Er verletzte mich in meiner Menschenwürde!“, rechtfertigt der 42-Jährige seine Tat. Doch trotz seines Zorns hätte ihn damals die Vernunft gezügelt: „Zunächst wollte ich ihn nur mit meiner Spucke treffen. Den Stein aber habe ich aus weiter Entfernung nach ihm geworfen, um ihn nicht zu verletzen. Ich wollte ihm damit nur ein Zeichen geben.“ Es sollte auch ein „Hilferuf an Vater Staat“ sein, verdeutlicht er.

Zielsicher wie Robin Hood

Da korrigiert ihn Richter Röthlin etwas: „Sagten Sie damals vor der Polizei die Wahrheit?“, fragt er den Angeklagten. „Ich sage immer die Wahrheit“, erwidert der Angesprochene.

„Vor der Polizei gaben Sie aber zu Protokoll, dass Sie ihn durchaus treffen wollten. Ein Zeuge bestätigte zudem, dass der Stein nur dreißig Zentimeter am Kopf des Barkeepers vorbeiflog“, setzt ihm Röthlin entgegnen. „Dann müsste ich ja so zielsicher sein wie Robin Hood“, antwortet der 42-Jährige.

Penis auf Boden gesprüht

Dann waren da noch diese skurrilen Geschichten in Dornbirn. Dort hatte der Italiener und Graffiti-Künstler einen Penis auf den öffentlichen Boden gesprüht. „Den habe ich aber nach drei Tagen selbst wieder weggewischt“ will der Angeklagte den Vorwurf entkräften. Auch, was ein Graffiti auf einem Bauzaun betraf. „Der Zaun war doch nur aus Plastik. Ich ging davon aus, dass der sowieso entfernt wird.“

Der 42-Jährige wird im Sinne der Anklage schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je vier Euro, also insgesamt 800 Euro verurteilt. Er nimmt sich Bedenkzeit und zündet vor dem Verlassen des Verhandlungssaals noch zwei Kerzen neben dem Kruzifix an der  Eingangstüre an.

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