„Meine Reise an der ­FPÖ-Spitze ist zu Ende“

Vorarlberg / 01.06.2021 • 22:02 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Norbert Hofer (links) und Herbert Kickl lieferten sich ein Match um die Spitzenkandidatur bei der nächsten Nationalratswahl. APA
Norbert Hofer (links) und Herbert Kickl lieferten sich ein Match um die Spitzenkandidatur bei der nächsten Nationalratswahl. APA

Norbert Hofer zieht sich nach dem Konflikt mit Herbert Kickl ­überraschend als FPÖ-Chef zurück.

Wien, Schwarzach Es war ein Tweet, der die österreichische Innenpolitik am Dienstagnachmittag in Aufregung versetzte. FPÖ-Chef Norbert Hofer ließ die Öffentlichkeit wissen: „Heute ist mein erster Tag nach der Reha – und mein erster Tag nach der Tagespolitik – Ich lege meine Funktion als Bundesobmann zurück und wünsche meinem Nachfolger alles Gute …“ Drei Minuten später war der Tweet wieder gelöscht, um ihn kurz darauf per Aussendung zu bestätigen.

Er habe die Partei nach Ibiza stabilisiert, schrieb Hofer. „Meine eigene Reise an der Spitze der FPÖ ist aber mit dem heutigen Tag zu Ende.“ Er wolle aber Dritter Nationalratspräsident bleiben, sagte er „Österreich“. Der 50-Jährige war in den vergangenen drei Wochen auf Reha und lieferte sich in dieser Zeit eine Auseinandersetzung mit Klubchef Herbert Kickl über die Frage, wer der nächste Spitzenkandidat der FPÖ sein sollte. Einen Zusammenhang zwischen diesem Konflikt und seinem Rücktritt bestätigte er. „Ja natürlich. Ich lasse mir nicht jeden Tag ausrichten, dass ich fehl am Platz bin.“ Ob er bei der kommenden Bundespräsidentenwahl antreten möchte, ließ er offen.

Kickl weiß den Parlamentsklub und auch darüber hinaus viele Funktionäre hinter sich, ist aber nicht ohne Gegner. Allen voran Manfred Haimbuchner, der aus mehreren Gründen sehr mächtig ist im parteiinternen Gefüge. Mit der oberösterreichischen FPÖ führt der 42-Jährige eine der größten Landesorganisationen. Außerdem ist er Landeshauptmann-Stellvertreter und steht vor Landtagswahlen im kommenden Herbst. Auch in Hinblick darauf hat er sich zuletzt mehrfach mit Hofer solidarisch erklärt und ausdrücklich gegen Kickl gestellt: Dieser steht für eine Fundamentalopposition – und eine solche würde Haimbuchners Bemühungen widersprechen, zumindest auf Landesebene weiterhin mit der ÖVP zu regieren.

Der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier unterstreicht die wichtige Rolle der oberösterreichischen FPÖ. „Sie ist die mittlerweile die größte und stärkste Landesorganisation.“ Von seinem Bekenntnis zu Hofer habe sich Haimbuchner im Wahlkampf ein Signal an gemäßigte Wechselwähler erhofft, Kickl spreche hingegen vor allem Stammwähler oder zwischenzeitlich verlorene FPÖ-Wähler an. Mit Spannung blicke er nun der Positionierung der wichtigen Landespartei entgegen, sagt Filzmaier. Der Politologe fasst zusammen: „Rücktritte sind meistens überraschend, aber offenbar lief es bei Hofer unkoordiniert und ohne Kommunikationsstrategie ab.“ VN-MIP, RAM, JOH

Die Zeit nach Ibiza war nicht einfach. Es war eine schwierige Aufgabe, die Partei wieder aufzubauen. In den letzten Monaten ist es gelungen. Meine eigene Reise an der Spitze ist aber zu Ende. Norbert Hofer, ehem. Parteichef

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Ich bin einmal mehr schwer enttäuscht von der Bundespartei. Sie hat schon wieder vieles in einer Phase zerstört, in welcher die FPÖ ein Profil hätte zeigen können. Ernst Hagen, ehemaliger Landtagsvizepräsident

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Er hat sich in einer schwierigen und herausfordernden Situation bereit erklärt, die Partei zu übernehmen und sie in den Umfragen stabilisiert. Für diese Leistung gebührt große Anerkennung, Dominik Nepp, Wiener FPÖ-Chef

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Hofer bleibt eine glücklose Übergangslösung. Hofers Anspruch auf Überparteilichkeit als Nationalratspräsident kann zwar Vorbild für andere sein, Ruhe in die eigene Partei hat er so nicht gebracht. Nick Donig, Neos-Generalsekretär

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