Das Coronavirus befällt die Gemeindefinanzen

Bürgermeister fordern mehr Unterstützung.
Wien, Schwarzach Geht Gemeinden das Geld aus, wird es kritisch. Kinderbetreuung, Förderungen für Vereine und örtliche Feuerwehren, Freibäder, Sportanlagen, Skaterparks und viele weitere Angebote hängen von der Finanzkraft der Gemeinde ab. Die Coronakrise hat in viele Gemeindehaushalte ein großes Loch gerissen. Vor einigen Wochen haben die VN an die Bürgermeister des Landes die Frage gerichtet, wie es um das Budget bestellt ist. Manche berichten, ihre laufenden Kosten nicht mehr decken zu können, andere müssen geplante Projekte zurückstellen. Daran ändert die Finanzhilfe des Bundes nichts. Sie sei nicht nachhaltig, sagen Experten.

Ob kleiner Ort oder Stadt, alle spüren die Folgen. Der Bürgermeister von Hohenems, Dieter Egger, beziffert das Loch, das die Coronakrise in die Gemeindekasse riss, mit rund drei Millionen Euro. Auf die gleiche Summe kommt sein Lauteracher Amtskollege Elmar Rhomberg. Fraxern kann seine laufenden Ausgaben und Kreditrückzahlungen nur durch die Aufnahme eines Kredites von 220.000 Euro decken, wie Bürgermeister Steve Mayr berichtet. Auch in Tschagguns könnte dieses Schicksal drohen. Die Bundeshilfen nützen wenig, berichten mehrere Bürgermeister. Zu groß seien die Einnahmenausfälle aus Ertragsanteilen, Fremdenverkehrsabgabe, Kommunalsteuern, bei Kinderbetreuungseinrichtungen und Mieteinnahmen. Zu hoch seien die zusätzlichen Ausgaben für den Spitals- und Sozialfonds, die Kinder- und Schülerbetreuung sowie für Sach- und Personalkosten zur Pandemiebewältigung.

2,5 Milliarden Euro
Das Schlimmste federt die Bundesregierung mit 2,5 Milliarden Euro ab. Davon sind auch die Experten des Zentrums für Verwaltungsforschung (KDZ) überzeugt. Nur nachhaltig seien die Hilfen nicht. „Nach 2021 werden die Gemeinden erneut vor Problemen stehen“, erklärte KDZ-Expertin Karoline Mitterer bereits Ende des vergangenen Jahres. Damals präsentierte das Finanzministerium sein neues Angebot. Neben der kommunalen Investitionsmilliarde, mit welcher der Bund Gemeindeprojekte mit bis zu 50 Prozent kofinanziert, zahlt er nun auch eine Milliarde zur Liquiditätssicherung aus. Die Kommunen müssen diese Milliarde allerdings zurückzahlen. Weitere 500 Millionen Euro gibt es gratis obendrauf.


Von den 1,5 Milliarden Euro zahlte das Finanzministerium 700 Millionen Euro schon aus. Davon entfielen 30,5 Millionen Euro auf Vorarlberg. Von der Investitionsmilliarde holten sich die Kommunen bislang 682 Millionen Euro ab. In Vorarlberg reichten 60 Gemeinden Anträge für 100 Projekte ein. Von 43,46 Millionen Euro, die ihnen zustehen, wurden 61 Prozent, also 26,7 Millionen Euro ausbezahlt. Kürzlich forderten die Landeshauptleute, die Fristen für die Anträge für die Investitionshilfen bis Ende 2022 zu verlängern.

In Reuthe hat Bürgermeisterin Bianca Moosbrugger-Petter bereits die gesamte Summe abgeholt und 69.000 Euro in den Straßenbau investiert. In Lustenau flossen rund 2,6 Millionen Euro der Gemeindemilliarde um Beispiel in zwei Kindergartenprojekte sowie in den Bereich Kanal und Wasser, berichtet Bürgermeister Kurt Fischer. Seine Rankweiler Amtskollegin Katharina Wöss-Krall erklärt, 1,26 Millionen Euro der Gemeindemilliarde in Adaptierungen der Volksschule Brederis investiert zu haben. In Mellau wurden Teile des Hilfsprogramms in den Jugendpark und Straßensanierungen investiert, erklärt Bürgermeister Tobias Bischofberger.

Doch alle Krisenfolgen kitten die Bundesshilfen nicht. Manche Projekte mussten aufgeschoben werden, zum Beispiel der Sporthallenneubau der Mittelschule in Lauterach, wie Rhomberg erklärt. In Lustenau wurden die Rathaussanierung und Investitionen in die Sportinfrastruktur aufgeschoben. In Hohenems verzögert sich die Neugestaltung des Schlossplatzes. Der Dünserberger Bürgermeister Walter Rauch berichtet, dass Planung und Umbau von Gemeindeamt und der ehemaligen Volksschule verschoben werden mussten.
„Nur was zusammenbricht“
In Fraxern steht es noch schlechter um neue Investitionen: „Wir werden keine Projekte starten können und nur das sanieren, was zusammenbricht“, erklärt Bürgermeister Mayr, der fordert, auf strukturschwache Gemeinden besonders Rücksicht zu nehmen.

Hätte es gar keine Hilfen gegeben, wäre es schlimmer gekommen, zeigen Berechnungen des KDZ. 60 Prozent aller österreichischen Gemeinden wären nicht mehr in der Lage, ihre laufenden Ausgaben zu decken. Aus dem Schneider sind sie aber nicht: Schließlich müssen die Gemeinden voraussichtlich 2023 beginnen, eine Milliarde Euro zurückzuzahlen. Das Problem aus Sicht des Lustenauer Bürgermeisters: Es würden weitere Hilfen benötigt, sollte sich die Wirtschaft nicht schnell erholen. Sein Koblacher Kollege Gerd Hölzl spricht bei den bisherigen Unterstützungen von einem Tropfen auf den heißen Stein. Die Rankweiler Bürgermeisterin Wöss-Krall wünscht sich günstigere Kredite und weitere nicht rückzahlbare Hilfen.

Es gibt aber auch positive Meldungen. Der Fußacher Bürgermeister Peter Böhler erklärte kürzlich im VN-Interview, dass er vor der Aufgabe steht, Geld investieren zu müssen, bevor es an Wert verliert. Ein Problem, auf das andere nur neidisch blicken können.


Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.