Nordmazedonier in Vorarlberg fiebert EM-Spiel gegen Österreich entgegen

Der in Bregenz lebende Zulbehar Zulbeari hat für einmal ein kleines Heimatproblem.
Bregenz Zulbehar Zulbehari ist sich sicher. Nur zwei Szenarien kann es geben, wenn es morgen heißt: Altes Heimatland gegen neues Heimatland. „Entweder schießt Nordmazedonien zuerst ein Tor. Dann wird es sehr schwer für Österreich. Wenn aber den Österreichern der erste Treffer gelingt, dann werden sie das Match mit ihrer Erfahrung erfolgreich zu Ende bringen.“ Ein überzeugtes Nicken begleitet seine Expertise.
Die Gemeinschaft
Dass der unweit von Skopje geborene 50-Jährige mit profundem Fußballverstand gesegnet ist, untermauert er mit einer weiteren Analyse. „Lass unsere Mittelfeldachse Ademi, Alioski und Bardhi im Mittelfeld gut harmonieren und Goran Pandev im Sturmzentrum füttern – dann wird’s brandgefährlich für Österreich.” Der gutgelaunte Gastwirt gerät ins Schwärmen “Wir haben ja auch Legionäre, die überall in England, Spanien und Italien tätig sind. Die können schon was.“
Wenn Mazedonien mit 1:0 in Führung geht, wird es für Österreich ganz schwer.
Zulbehar Zulbeari, Gastwirt
Das wichtigste für den Miteigentümer einer Pizzeria in Bregenz ist allerdings: „Wir sind jetzt endlich eine Mannschaft. Der Fußball ist in diesen Tagen wichtiger als die Politik. Egal ob ethnische Albaner, Bulgaren oder Nordmazedonier für unser Land auflaufen: Wir funktionieren als Gemeinschaft.”

Fußball als Kitt
Der Vater zweier Kinder, der vor 25 Jahren vom Jugoslawien-Krieg nach Österreich floh, berichtet von einer Riesenbegeisterung, welche die junge Nation erfasst hat. „Es ist so, als helfe uns der Fußball, zusammenzuwachsen. Diese Europameisterschaft tut uns sehr gut.“ Fanatisch ist Zulbeari jedoch nicht. „Ich hab‘ doch auch Österreich als Heimat. Eine liebgewonnene Heimat, die mir und meiner Familie so viele Chancen ermöglicht hat. Am schönsten wäre es, es gäbe keinen Verlierer und wir steigen beide auf.“ Dass sein Herz am morgigen Sonntag für einmal in Richtung Herkunftsland schlägt, kann er dennoch nicht ganz verleugnen. Es wird ihn jeder verstehen.
Zulbeari weiß ja auch: Zu Hause in Nordmazedonien werden seine drei Geschwister sowie das ganze Land die Begegnung mit großer Spannung vor dem Fernsehschirm verfolgen. Nordmazedonien wird als geeinte Nation der Mannschaft die Daumen drücken und auf die große Sensation hoffen. Der Fußball hat einmal mehr die Kraft, zu einen. Die wichtigste Nebensache der Welt wird an diesem Sonntag speziell im 2,1 Millionen-Land zur Hauptsache. Nordmazedonien braucht diese einende Kraft mehr als Österreich.
Euphorie nach Sieg über Deutschland
Den Kick zur totalen Fußballbegeisterung gab es durch den sensationellen Sieg der mazedonischen Mannschaft gegen den vierfachen Weltmeister Deutschland. „Das hat eine ungeheure Euphorie ausgelöst“, schwärmt Zulbeari. Er wisse jedoch nicht, ob dieser Erfolg im Hinblick auf das Match gegen Österreich positiv sei. „Ich bezweifle das eher.“
Zulbeari wird sich das Match in seiner Wohnung gemeinsam mit Sohn und Frau anschauen. „Wir werden es uns gemütlich machen und dann mitfiebern.“ Die Europameisterschaft kann der Gastronom überhaupt in vollen Zügen genießen. „Ich arbeite immer nur am Vormittag. Danach habe ich frei, weil mein Bruder dann das Restaurant übernimmt“, erzählt er mit einem schelmischen Grinsen.