Darum fürchtet die Politik um ihr Image

ÖVP-Bürgermeister und ÖVP-Granden kritisieren die Innenpolitik.
Schwarzach Angriff ist die beste Verteidigung. Diese Devise gilt derzeit auch in der Innenpolitik. Attacke folgt auf Attacke, auch gegen Spieler außerhalb des politischen Spielfelds. Seit die Justiz gegen die ÖVP ermittelt, steht sogar sie unter Beschuss. Ein rauer Ton herrscht überall, Debattenzerstörung ist zum Mittel der Wahl der politischen Diskussion geworden. Chatprotokolle zeigen ein zweifelhaftes Bild von Postenbesetzungen und Parteitaktik. An der Basis kommt das alles nicht gut an: Bürgermeister sind besorgt. ÖVP-Urgesteine bemängeln das Bild der Bundespolitik.
Karlheinz Rüdisser zum Beispiel. Der ehemalige Landesstatthalter ärgert sich: “Was in diesen Chats geschrieben wurde, ist einfach unerträglich und absolut überflüssig.” Allerdings müsse das Recht auf Privatsphäre gelten. “Aber in Summe ist das alles andere als ein Bild, das für die Politik positiv ist.” Das gelte für alle Parteien. “Ich halte auch den Untersuchungsausschuss für eine Inszenierung.” Der langjährige Agrarlandesrat Erich Schwärzlicher kritisiert ebenfalls: “Derzeit steht in vielen Handlungen und Diskussionen nicht mehr der Bürger im Mittelpunkt.” Die ehemalige Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer möchte den Inhalt nicht bewerten. “Wolfgang Schüssel hat schon gesagt: Jedes Schriftl a Giftl. Hörts mit der Schreiberei auf!” Sie kritisiert, dass die Chats an die Öffentlichkeit gelangt sind, ist aber überzeugt: “Jede Diskussion sollte ein gewisses Niveau haben. Die bestehende Debattenkultur ist nicht gut. Das merkt auch der normale Bürger. Und das ist schlecht.”
“Ein Kindergarten”
Auch aktive ÖVP-Politiker sind über die aktuelle Innenpolitik unglücklich. “Ich bin froh, dass ich mich voll auf die regionale Ebene konzentrieren kann”, sagt der Lustenauer Bürgermeister Kurt Fischer. “Dort ist man Politikstrategien ferner, dafür den Menschen näher.” Die Innenpolitik kreise nur noch um sich selbst. “Dieses Taktieren, auf Pressekonferenzen ablenken und Störfeuer abfeuern, das kommt nicht gut an.” Die Bevölkerung habe ein Anrecht darauf, dass sich die Politik auf die wichtigen Fragen konzentriert. “Das sehe ich zurzeit in der Bundespolitik nicht.” Das Bild sei desaströs. “Ich befürchte, der Schaden ist längerfristig.” Sein Bludenzer Amtskollege Simon Tschann möchte sich ebenfalls auf die Arbeit in seiner Heimatstadt konzentrieren. Allerdings sei es schade, dass sich die Politiker gegenseitig niedermachen, das vergraule viele junge Menschen aus der Politik. “Es wird sehr persönlich mit Dreck geworfen, wurscht, welche Fraktion das ist”, kritisiert er. Der Götzner Bürgermeister Christian Loacker wird deutlicher: “Mir fällt nur ein Begriff ein: Kindergarten.” Es sei zwar schwer, das von außen zu kommentieren. Aber: “Ich habe das Gefühl, dass es mittlerweile große Fronten gibt. Jeder richtet dem Anderen Gehässigkeiten aus.” Zwar müsse auch die Privatsphäre diskutiert werden. “Aber so chatte ich nicht. Die Protokolle zeigen teilweise fast pubertäres Verhalten.” Die ÖBAG sei aber gut geführt geworden.

Christian Loacker, Bürgermeister Götzis Mir fällt nur ein Begriff an: Kindergarten. Es ist von außen natürlich schwer, das alles zu kommentieren. Aber die Fronten in Wien sind viel größer als im Westen, wir haben einen anderen Zugang. Die Chats, das darf ich als Älterer sagen, zeigen teilweise fast pubertäres Verhalten. Das wundert mich. Man kann in Menschen nicht reinschauen.


Simon Tschann, Bürgermeister Bludenz Ich bin Gott sei Dank mit viel Arbeit eingedeckt und kann nicht viel darüber nachdenken, was sie in Wien machen. Aber es ist schade, wenn die Politiker sich gegenseitig runtermachen. Immer negative Presse, immer neue Skandale, die Fraktionen hauen jeweils auf die anderen, beschimpfen sie als Gauner ... das wirft kein gutes Licht auf die Politik.
Alt-Landeshauptmann Herbert Sausgruber möchte sich nicht dazu äußern. In seinem Buch schreibt er jedoch: “Immer wieder auftretende Tendenzen zur Verdünnung der zivilisatorischen Schicht im Denken, Fühlen und Verhalten verlangen nach einem Gegengewicht in der Bewusstseinsbildung über das (Straf-)Recht hinaus.”
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.