Mehr Demokratie erwünscht

Diskussion über Höchstgerichtsentscheidung zur direkten Demokratie.
Andelsbuch Im Burgenland ist es möglich, in der Steiermark ebenfalls, in Vorarlberg bald nicht mehr. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) strich bekanntlich die Möglichkeit des Gemeindevolkes, selbst Volksabstimmungen einzuleiten. Die Diskussion ebbt auch Monate nach dieser Entscheidung nicht ab. Am Donnerstagabend trafen sich Experten auf Einladung des Kulturvereins Andelsbuch, um zu debattieren, wie direkte Demokratie aussehen könnte. Fazit: Es darf gerne ein bisschen mehr sein.
Am Podium sitzen der langjährige Leiter der NZZ-Wirtschaftsredaktion Gerhard Schwarz, der Innsbrucker Universitätsprofessor Reinhold Gärtner, der Götzner Bürgermeister Christian Loacker und das Grünen-Urgestein Kaspanaze Simma. Schwarz hebt die Vorteile des Schweizer Systems hervor. Das Staatsverständnis sei genossenschaftlich. „In der Eidgenossenschaft steht der Staat nicht über dem Menschen.“ Direkte Demokratie sei der Inbegriff dieses Gedankens. Gärtner betont die Unterschiede der beiden Staaten. „Die österreichischen Bürger haben erst 1979 damit begonnen, sich mit Mitbestimmung auseinanderzusetzen.“ Loacker zitiert Artikel 6 der Schweizer Verfassung „Individuelle und gesellschaftliche Verantwortung“ und hält dem seine Erfahrungen als Bürgermeister entgegen: „Menschen kommen zu mir und sagen, die Gemeinde solle dies tun oder das tun. Viele könnten auch selbst etwas beitragen.“ Simma ärgert sich über die VfGH-Entscheidung: „Denn wenn es die Möglichkeit gibt, aber die Bürger nützen sie nicht, sind sie wenigstens auch zum Teil selbst schuld.“
Die Diskussion dreht sich um die Frage, ob Österreichs Bevölkerung schon soweit sei. Während Loacker und Gärtner erläutern, dass es politische Bildung und Beteiligung benötigt, ist Schwarz überzeugt: Lernen geht am besten, wenn man mit Mitbestimmung beginnt. „Es geht nicht darum, wer die bessere Entscheidung trifft. Es geht darum, dass das Volk mitbestimmt.“ Loacker rückt aus, um die Gemeindevertreter zu verteidigen. Österreichweit engagieren sich zigtausende in der Gemeindepolitik. „Sie tun das zum Wohle der Gemeinde.“
Simma ist überzeugt, ob Klimaschutz oder Verkehr: Die repräsentative Demokratie sei bisher nicht imstande gewesen, zentrale Fragen zu lösen. „Ludesch hat gezeigt, dass es bei uns im Land wirtschaftliche Interessen besser finden, wenn Demokratie abgebaut wird. Das können wir nicht zulassen!“, ruft er in den Rathaussaal. VN-mip