Leonies Tod durch Mörderhand und ein Aufruf zur Versöhnung

Vorarlberg / 07.07.2021 • 19:08 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Wolfgang und Theresia Perauer lassen sich nicht instrumentalisieren.VN/HK
Wolfgang und Theresia Perauer lassen sich nicht instrumentalisieren.VN/HK

Bregenz „Wenn man wegen dem Fall Leonie zu uns kommt und sich hasserfüllte Reaktionen erwartet, ist man an der falschen Adresse“, macht Wolfgang Perauer (53) sofort klar. Er sagt es mit einem Lächeln im Gesicht. Sein Blick geht zu Gattin Theresia (52), die ihn mit einem entschlossenen Nicken bestärkt. „Natürlich“, räumt Wolfgang ein, „hat uns der Fall Leonie einen tiefen Stich ins Herz gegeben. Wir waren gestern an der Ach spazieren und haben geweint.“ Die Bilder von früher sind wieder eindrücklich vor dem geistigen Auge aufgetaucht: die Kenntnisnahme des Unfassbaren, der unerträgliche Schmerz, aber auch die riesige Welle der Solidarität.

Am Anfang war die Wut

Leonie, das 13-jährige Mädchen aus Niederösterreich, das bei pflichtgemäßer Betonung der Unschuldsvermutung mutmaßlich von einer Gruppe junger Afghanen grausam getötet wurde, hat die Perauers aufgewühlt. „Ich trug nach Michis Tod eine unglaubliche Wut in mir. Ich hätte fast selber etwas Unheilvolles getan. Ich bin froh, dass mich die Trauerbewältigung schließlich auf einen anderen Weg geführt hat“, fließen Wolfgang die Gedanken durch den Kopf.

Theresia möchte in diesen Tagen nur an die Familie des Opfers und ihren Schmerz denken. „Da gibt es keinen Platz für Gefühle von Rache und Vergeltung. Diese Menschen brauchen jetzt viel Zeit für ihre Trauer. Sie brauchen Menschen, welche ihnen die richtigen Worte des Trostes und der Unterstützung schenken. Es gibt für Eltern nichts Schlimmeres, als wenn ein Kind stirbt“, formuliert Theresia ihre ersten Gedanken über die schreckliche Tat in Wien.

Michael Perauer wurde im November 2018 von einem geisteskranken afghanischen Asylanten willkürlich auf offener Straße erstochen. Für die Perauers begann ein Martyrium. Ihre tiefe Religiosität hat ihnen schließlich Halt gegeben. Theresia, die gerade eine Ausbildung zur Sterbebegleiterin absolviert, weiß, dass die Bewältigung eines solchen Traumas viel Zeit in Anspruch nimmt. „Man durchlebt verschiedene Phasen. Wichtig ist auch, dass die Justiz ein solches Ereignis gründlich aufarbeitet und vollständig aufklärt.“ Die Familie brauche darüber hinaus einen Dialog mit den für den Fall zuständigen Personen.

Kompromisslos versöhnlich

Über die Flüchtlingspolitik wollen die Perauers nicht sprechen. „Da wird es von uns keine irgendwie geartete Aussage geben“, macht Wolfgang deutlich. Für sich selber würden die Perauers einen Kontakt mit jener Person wünschen, die ihrem Sohn das Leben genommen hat. „Wir haben ihm verziehen. Aber wir würden ihm trotzdem einmal sehr gern gegenübersitzen – sofern die Behörden und sein geistiger Zustand das erlauben“, erklärt Theresia.

Die kompromisslos versöhnliche Haltung der Perauers teilen nicht alle in ihrem Umfeld. Während die Tochter voll auf der Linie ihrer Eltern ist, können andere enge Verwandte das nicht. Theresia und Wolfgang nehmen das zur Kenntnis.

Wolfgang sagt: „Was wäre die Alternative zu unserer Haltung? Hass und Wut? Das wollen wir nicht. Gestützt durch unseren Glauben können wir so halbwegs gut mit dem Verlust umgehen. Zumal Michi ja immer bei uns ist.“ VN-HK