Jürgen Weiss

Kommentar

Jürgen Weiss

Neue Hürde

Vorarlberg / 19.07.2021 • 19:10 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Seit fünfzig Jahren wartet in St. Margrethen bei der Abfahrt von der Schweizer A1 ein Autobahnstummel auf das kurze Verbindungsstück zur österreichischen Autobahn. Die ursprüngliche Bodenseeautobahn A15 ist seither in den variantenreichen Planungen zu einer bescheideneren Schnellstraße geschrumpft. Auch wenn es auf der Hand liegt, dass ein zumindest bei den Anrainern widerstandsfreier Straßenbau heutzutage nicht mehr möglich ist, war man in Vorarlberg und bei der Autobahngesellschaft des Bundes zuletzt doch zuversichtlich, endlich eine Lösung finden zu können. Die Schaffung einer Schnellstraßenverbindung zwischen einem Knoten bei Dornbirn (A14) und der Staatsgrenze bei Höchst ist ja immerhin im Bundesstraßengesetz als staatliche Aufgabe ausdrücklich festgeschrieben. Dabei ist bei der Detailplanung einer solchen Straße auf die Erfordernisse des Verkehrs und die Umweltverträglichkeit Rücksicht zu nehmen, einfach streichen kann man das Projekt ohne Gesetzesänderung aber auch nicht.

Die Umwelt- und zugleich auch Straßenbauministerin Gewessler hat kürzlich mit der Weisung aufhorchen lassen, zahlreiche anstehende Straßenbauvorhaben zusätzlich noch hinsichtlich ihrer Klimaverträglichkeit evaluieren zu lassen, darunter auch die S18. Nebenbei bemerkt ist Evaluierung offenkundig ein Lieblingswort des Regierungsprogramms, es kommt immerhin 128 Mal vor. Die Umweltministerin stützt sich darauf, dass im türkis-grünen Regierungsprogramm ein verpflichtender Klimacheck für alle neuen und auch bestehenden Gesetze (somit auch des Bundesstraßengesetzes) vorgesehen ist und auch der Vorarlberger Landtag ein Bekenntnis zum Klimaschutz abgelegt habe. Angesichts des türkis-schwarzen Widerstands gegen die Ankündigung von Ministerin Gewessler muss man allerdings daran zweifeln, ob damit auch ein Stopp aller Straßenbauprojekte gemeint war, ausdrücklich ausgeschlossen war er allerdings auch nicht.

Ich vermute stark, dass die aktuelle Planung der S18 an dieser neuen Hürde der Klimaverträglichkeit letztlich scheitern wird. Käme selbst die grüne Ministerin zum Ergebnis, dass die von der Bundes-Autobahngesellschaft geplante Schnellstraße doch klimaverträglich sei, wäre das ein Schuss ins Knie der grünen Landespolitik, die in großer Meinungsverschiedenheit zur ÖVP-Mehrheit der Landesregierung dieses Projekt vehement ablehnt. Dass es dann sogar noch den Segen der grünen Umweltministerin erhält, wäre für die neue grüne Führungsspitze im Land wohl ein Worst-Case-Szenario. Nach Christian Morgenstern wird daher wohl auch für Ministerin Gewessler gelten: „Weil, so schließt sie messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.“

„Weil, so schließt sie messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.“

Jürgen Weiss

juergen.weiss@vn.at

Jürgen Weiss vertrat das Land als Mitglied des Bundesrates zwanzig Jahre lang in Wien und gehörte von 1991 bis 1994 der Bundesregierung an.