Ein kleiner Weg macht großen Ärger

Gemeinde kämpft gegen Bürger um einen Trampelpfad.
Satteins Der Traum vom Eigenheim hat die Familie Muther/Niedermayer von Bludenz nach Satteins geführt. 2012 kaufte sie ein Grundstück. Die Nachbarn nett, das Umfeld schön, eine kurze Bauverhandlung, schon begann der Bau. Kurz darauf zog die mittlerweile vierköpfige Familie ein. Die erhoffte Idylle schien gefunden. Bis die Gemeinde auf einen Weg am hinteren Ende des Grundstücks bestand. Es entwickelte sich ein jahrelanger Rechtsstreit mit hohen Kosten auf beiden Seiten und mehreren Verfahren. Die Fronten sind verhärtet, die Familie ist verzweifelt.
Im Jahr 2017 stellte das Landesverwaltungsgericht fest, dass eine Straße eine durchgängige bauliche Anlage sein muss; also auch eine öffentliche Privatstraße. Die Gemeinde Satteins ist überzeugt: Der alte Doktorweg ist so eine Straße. Auch ein Wegerecht steht im Raum. Die Muthers wehren sich, denn der Weg führt durch ihr Grundstück. Alexander Muther sieht den Ausgangspunkt bei der Bauverhandlung. “Ein Nachbar fragte, ob er bis zum Bau über unser Grundstück darf. Wir dachten uns nichts dabei und sagten zu.” Das Grundstück kaufte er belastungsfrei.
Ein Weg oder kein Weg?
Der Weg trägt den Namen deshalb, weil früher die Bevölkerung über diese Wiese zum Gemeindearzt spazierte. Den Arzt gibt es schon lange nicht mehr, bald soll wieder einer in die Gegend ziehen. Muther vermutet, dass deshalb ein alter Weg wiederbelebt werden soll. Die VN hätten die Gemeinde gerne zum Thema befragt. Auf eine Anfrage bei Bürgermeister Gert Mayer antwortet ein Anwalt. Man wolle sich nicht zum laufenden Verfahren äußern. Natürlich habe es den Weg immer gegeben. Alexander Muther zeigt Luftaufnahmen. 40 Jahre alt, 30 Jahre alt. Einen Weg sieht man nicht, die Qualität der Bilder ist schlecht. Anwalt Felix Graf sagt: Natürlich sieht man den Weg.
Muther erzählt von einer Besprechung zwischen Anrainern und Gemeinde, von der er danach erfahren habe. Er erzählt von Menschen, die auf seinem Grundstück mähen und dafür sorgen, dass drei alte Holzstufen sichtbar bleiben. Irgendwann eskaliert der Streit, Muther versperrt den Durchgang, die Gemeinde ist verärgert. “Ich fühle mich wohl hier, die Menschen sind sehr freundlich. Aber die Sache belastet uns sehr.” Graf entgegnet: “Es ist eine emotionale Sache, aber nicht von der Gemeinde aus. Aus unserer Sicht besteht ein Gehrecht.”
Alexander Muther zeigt Gerichtsaussagen des ehemaligen Bürgermeisters, der den Weg nicht kannte. Er zeigt einen Brief der Landesregierung, der seine Rechtsansicht bestätige. Mit Google Maps errechnet der 44-Jährige, dass der Weg keine Abkürzung sei. Und er hat Alternativen parat: Er könnte Grund tauschen oder man könnte den Weg hinter der Mauer bauen. Da werde sowieso umgebaut.
“Die Gemeinde kann nicht anders, als den Gerichtsweg zu beschreiten”, bekräftigt Anwalt Graf. Kürzlich beschloss die Gemeindevertretung einstimmig, zivilrechtlich gegen die Familie vorzugehen. Muther war als Zuschauer dabei, durfte sich während der Diskussion aber nicht äußern. Nun befürchtet er, finanziell an die Grenzen zu stoßen. Nervlich ist die Familie dort bereits angelangt.
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