Klimaschutz darf nicht teuer sein

Vorarlberg / 29.07.2021 • 19:34 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Alexandra Schalegg und Martin Ploß sprachen mit den VN über das Spannungsfeld zwischen klimaneutralem und leistbarem Wohnen. VN/Serra
Alexandra Schalegg und Martin Ploß sprachen mit den VN über das Spannungsfeld zwischen klimaneutralem und leistbarem Wohnen. VN/Serra

Kritik an Kostengrenze für klimafittes Bauen in der Wohnbauförderung.

Schwarzach Leistbar oder klimafit? Beim Bauen und Wohnen muss das kein Widerspruch sein, erklärt Martin Ploß vom Energieinstitut. Allerdings sinken die Betriebskosten nicht automatisch, ergänzt Alexandra Schalegg, Vorarlberg-Chefin der Alpenländischen, eines gemeinnützigen Wohnbauträgers. Sie sprechen über die Wohnbauförderung, PV-Anlagen und Pellets.

 

In Vorarlberg wird gebaut ohne Ende. Denken die Bauträger an den Klimaschutz?

Schalegg Wir als gemeinnützige sehr wohl. Was die privaten Bauträger tun, weiß ich nicht. Die müssen wohl auf andere Dinge schauen. Bei uns probiert man Dinge aus. Habt ihr mit privaten Anbietern auch Forschungsprojekte?

Ploß Ja, aber viel seltener. Da geht es eher um gemischte Projekte wie derzeit in Wolfurt.

 

Was muss eine Wohnanlage erfüllen, um auf dem aktuellen Stand zu sein?

Schalegg Wir errichten jedes Gebäude mittlerweile mit dem Klimaaktiv-Zertifikat. Ansonsten halten wir uns an die Wohnbauförderungsrichtlinien. Wir errichten nichts mehr mit Gas. Es geht Richtung Wärmepumpe und Pellets. Fast jede Wohnanlage hat eine kontrollierte Be- und Entlüftung. Am Ende müssen wir aber mit den Kosten unter dem Mantel der Förderung bleiben.

 

Für die Förderung darf es nicht zu teuer werden?

Schalegg Das Land gibt in der Wohnbauförderungsrichtlinie eine Netto-Kostengrenze vor.

Ploß Bei den öffentlichen Gebäuden in Vorarlberg funktioniert das besser. Da gibt es eine flexible Kostengrenze. Je besser das Gebäude, desto höher ist diese Grenze. Das könnte man auch für die Wohnbauförderung übernehmen.

 

Ist Gas überall kein Thema mehr?

Ploß Es sollte überall im Neubau kein Thema mehr sein. Aber in den letzten acht Jahren ist der Anteil an Erdgas-beheizten Neubauten konstant geblieben.

 

Ist eine Pellets-Heizung in der Klimabilanz mit der Wärmepumpe gleichzusetzen?

Ploß Pellets sind eine sehr gute Sache. Allerdings ist Biomasse begrenzt. Wenn wir raus aus fossilen Brennstoffen wollen, muss die Industrie viel umstellen. Biomasse wird für Hochtemperaturprozesse wichtig. Sie ist eigentlich zu schade, um Wasser auf 50 Grad zu erhitzen.

Schalegg Wenn Erdwärme oder Luftwärme möglich ist, ziehen wir es vor. Aber auch das ist ein Kostenfaktor, vor allem beim Umstieg. Der Umstieg von Gas auf Erdwärme kostet richtig viel Geld. Wenn keine Fernwärmeleitung vorhanden ist, nehmen wir Pellets.

 

Wie viel muss ich für eine Mietwohnung bei Ihnen zahlen?

Schalegg Wir sind bei circa 9,60 pro Quadratmeter, inklusive Betriebskosten.

 

Wurde das durch klimafittes Bauen mehr oder weniger?

Schalegg Weder noch.

Ploß Beim Forschungsprojekt Klinawo haben wir es geschafft, dass wir drei Viertel Energie sparen. Der niedrige Energieverbrauch hat dazu geführt, dass die Miete zweimal gesenkt werden konnte.

Schalegg Wir machen die Erfahrung, dass man zwar Heizung und Warmwasserkosten senken kann, aber jedes Jahr steigen die Gebühren für Müll, Kanal und Wasser.

 

Und der Stromverbrauch steigt durch Wärmepumpen.

Schalegg Darum bauen wir Fotovoltaik-Anlagen auf die Dächer.

Ploß Da habt ihr ein super Projekt in Dafins mit zwei großen PV-Anlagen. Übers Jahr gesehen decken sie den ganzen Strombedarf, natürlich nicht immer zeitgleich.

Schalegg In Dafins hat die VKW mit allen Mietern einen Vertrag abgeschlossen, dass der Überstrom in den Wohnungen genutzt wird. Erst was übrig bleibt, geht ins Netz.

Ploß Die Mieter sparen sich rund 15 Cent für den Strom, den sie nicht kaufen müssen. Den Rest speisen sie ein, da bekommen sie aber viel weniger. Mit den Energiegemeinschaften im EAG kann der Überschussstrom zukünftig besser verkauft werden.

Schalegg Dann muss ich ihn nicht mehr um fast nichts ins Netz speisen. PV wird sicher zum Standard. Vor allem, wenn die Lotterie bei den Förderungen wegfällt. Man sollte sich auf die Förderungen verlassen können.

Ploß Wir haben vorgeschlagen, dass es in der Wohnbauförderung einen neuen Bonus für größere Anlagen gibt. Viele Gewerblichen bauen zwar PV-Anlagen, aber gerade so groß, dass sie die Mindestanforderungen erfüllen.

Lesen Sie unter http://VN.AT/sukUmr die Langversion des Doppelinterviews.