Der Kampf um das Abstimmungsrecht

Vorarlberg / 30.09.2021 • 09:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Der Kampf um das Abstimmungsrecht
Christoph Aigner und die Initiative “Volksabstimmen über Volksabstimmen” lassen nicht locker. Auch im Vorarlberger Landtag tut sich wieder etwas. VN/Sams

Opposition und Aktivisten wollen das Initiativrecht bei Volksabstimmungen zurück.

Schwarzach, Bregenz Die Bundesregierung bleibt bei ihrer Meinung. Damit Gemeindebürger in Vorarlberg wieder selbst Volksabstimmungen einleiten können, muss darüber österreichweit abgestimmt werden. FPÖ und Neos fordern nun, genau dies zu tun. Auf Landesebene haben zudem beide Parteien gemeinsam mit der SPÖ einen Vorschlag für eine Gesetzesänderung eingebracht, die dieses Recht wieder ermöglichen soll. Unterdessen rüstet sich die Initiative “Volksabstimmen über Volksabstimmen” für den Herbst.

Der Ursprung der Diskussion liegt etwas zurück. Im Herbst 2019 stimmten die Ludescher Bürger mehrheitlich gegen einen Beschluss der Gemeindevertretung. Fast ein Jahr später hob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das Ergebnis auf. Außerdem strich er die Möglichkeit, dass Bürger gegen den Willen der Politik eine Abstimmung initiieren können – bis dahin ein in Vorarlberg gern verwendetes Instrument der Mitbestimmung. Der Aufschrei war groß, die Ernüchterung folgte rasch. Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass das Initiativrecht nur im Rahmen einer Verfassungsänderung zurückkehren kann. Dafür benötigt es eine bundesweite Volksabstimmung.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler von der ÖVP bekräftigte im Frühjahr 2021 zwar, die Rechtsfrage noch einmal zu prüfen. Neos-Mandatar Gerald Loacker wollte nun in einer Anfrage wissen, was daraus geworden ist. Edtstadlers Antwort: “Auch nach einer nochmaligen rechtlichen Prüfung bleibt der Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst bei seiner Rechtsmeinung.” FPÖ-Abgeordneter Reinhard Bösch hat noch eine Anfrage nachgereicht. Er verweist auf einen Beschluss des Bundesrats, wonach das Abstimmungsrecht wieder geändert werden soll und fragt, wann Edtstadler gedenkt, diesen Beschluss umzusetzen.

Auf VN-Anfrage fordert Gerald Loacker nun: “Wenn wir für mehr direkte Demokratie eine Volksabstimmung brauchen, dann sollten wir eine machen.” Es wäre der beste Start für direkte Demokratie. Kein Thema könnte passender für eine Volksabstimmung sein. Reinhard Bösch sieht das ebenfalls so. “Wenn das so verfassungsrechtlich notwendig ist, sollte man eine Abstimmung initiieren.” Er vermisst allerdings die Initiative der Ministerin. Die SPÖ nimmt vor allem die Grünen in die Pflicht, wie Nationalratsabgeordneter Reinhold Einwallner betont. “Sie müssen endlich glaubhaft Druck auf die ÖVP ausüben.”

Neuer Vorschlag

Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs formierte sich die Initiative “Volksabstimmen über Volksabstimmen”. Deren Sprecher Christoph Aigner berichtet: “Das Netzwerk formiert sich. Wir haben einiges geplant und wollen das Thema auch österreichweit ausrollen. Es geht uns alle an! Ein Initiativrecht soll demokratischer Standard werden.” Über den Sommer sei das Netzwerk stetig gewachsen.

Eigentlich plante die Landesregierung, den VfGH-Spruch per Landesgesetz umzusetzen. Die Initiative plante, darüber abstimmen zu lassen. Nun sagt die Regierung, eine Gesetzesänderung sei gar nicht nötig, was den Aktivisten die Möglichkeit der Abstimmung nimmt. Deshalb ist jetzt die Opposition im Landtag aktiv geworden. FPÖ, SPÖ und Neos haben einen fünfseitigen Gesetzestext erstellt, in dem festgeschrieben wird, dass sich die Gemeindevertretung bei genügend Unterschriften zumindest mit dem Anliegen befassen muss. Sollte sie eine Volksabstimmung ablehnen, sollte es zumindest eine Volksbefragung geben. DeFür Neos-Abgeordneten Johannes Gasser steht fest: Solange die Bundesregierung nichts unternimmt, brauche es Alternativen.

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.