“Lasst die Kinder in die Schule”

Appell von Oberpädagoge Andreas Kappaurer und Kinderanwalt Michael Rauch.
Bregenz Private Lerngruppen unterrichtet von Eltern und womöglich ausgebildeten Pädagogen: Das war laut Einschätzung von Andreas Kappaurer (60), pädagogischer Leiter der Bildungsdirektion Vorarlberg, die romantische Vorstellung von einigen Eltern, die ihre Kinder wegen der Coronamaßnahmen zum häuslichen Unterricht anmeldeten und gleichzeitig aus der Schule nahmen. „Aber ich kann mir vorstellen, dass bei einigen dieser Eltern bald eine große Ernüchterung eintritt oder vielleicht schon eingetreten ist. Es wird nämlich keine Privatschulen geben dürfen. Das ist bekanntlich illegal. Und das individuelle Unterrichten von Kindern ist wohl auch nicht jedermanns Sache“, betont Kappaurer.
Einige können’s
Einmal mehr macht der pädagogische Leiter das Angebot: „Schickt eure Kinder zurück in die Schule. Jederzeit können Schulleiter und Lehrer kontaktiert werden. Es braucht sich auch niemand zu schämen, eine vielleicht vorschnell getroffene Entscheidung zurückzunehmen“, appelliert Kappaurer an die Eltern.
Grundsätzlich verdammt er den häuslichen Unterricht nicht. „Es gibt Familien, wo alles sehr geordnet abläuft. Aber es gibt auch Kinder in sozialen und gesellschaftlichen Verhältnisse, die keinen guten Unterricht zulassen. In der Schule sind die Kinder am besten aufgehoben.“ In dieselbe Kerbe schlägt auch Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch. „Es gibt Eltern, die das Unterrichten können – keine Frage. Aber Eltern müssen sich schon grundsätzlich die entscheidende Frage stellen: Ist ihr Handeln tatsächlich im Interesse des Kindes?“ Auch für Rauch besteht kein Zweifel: „Kinder finden in der Schule ihre besten sozialen Kontakte und Treffpunkte vor.“ Er verlangt vom Gesetzgeber eine Erweiterung der erlassenen Verordnungen insofern, als dass Eltern vor der Anmeldung zum häuslichen Unterricht zu einem verpflichtenden Gespräch an die Schule müssen. „Und wenn sich dann eine schlechte Perspektive für das Kind im häuslichen Unterricht ergibt, sollte man diesen auch verbieten können“, macht Rauch deutlich. Ein Eingreifen der Kinder-und Jugendanwaltschaft sei kaum möglich und grundsätzlich auch nicht gewollt. „Eingreifen müssten die Behörden, wenn etwa Gewalt gegen das Kind im Spiel ist oder andere Gefährdungen des Kindeswohls belegt sind”, so Rauch.
Reflexionsgespräche
Bezüglich der Gründung von illegalen Schattenschulen, ist man bei der Bildungsdirektion wachsam. „Wir erhalten mittlerweile Informationen von Nachbarn solcher illegalen Schulaktivitäten“, erzählt Kappaurer. „Natürlich gehen wir solchen Informationen nach.“ Aktive Kontaktnahmen von Schulleitern oder Lehrern zu den Eltern von Kinder im häuslichen Unterricht sind laut Kappaurer bis Semesterende nicht mehr vorgesehen. Erst dann werden die Eltern zu sogenannten Reflexionsgesprächen eingeladen. „Wer sich diesen kategorisch verweigert, wird von uns bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft gemeldet“, kündigt der pädagogische Leiter eine gewisse Härte an.
„In der Schule sind die Kinder am besten aufgehoben. Daran gibt es keinen Zweifel.“