„Stark in die Zukunft gehen“

Vorarlberg / 11.11.2021 • 19:55 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
„Stark in die Zukunft gehen“
David Bosshart spricht über die neue Welt, in der ein Tweet Börsenkurse beeinflusst. VN/SAMS

Trendforscher und Philosoph David Bosshart versucht, die Welt besser zu verstehen.

Bregenz „Wenn wir stark in die Zukunft gehen wollen, müssen wir bereit sein den Wandel zuzulassen, denn der Wandel beginnt im Kopf.“ David Bosshart ist Trendforscher, seine Arbeitsschwerpunkte liegen vor allem im Bereich der Zukunft des Konsums und gesellschaftlichem Wandel sowie der Globalisierung und der politischen Philosophie. Deshalb ist es kein Wunder, dass Bosshart große Fragen aufwirft: Was ist das menschliche Maß? Wollen wir uns am faszinierenden Unmöglichen orientieren, wie zum Beispiel Elon Musk, oder eher am besorgniserregenden Möglichen? David Bosshart gibt auf dem Wirtschaftsforum einen Einblick, wie dringend wir Wachstum benötigen, jedoch trotzdem sinnvolles und nicht nur um des Wachstums willens.

Bosshart ist gelernter Philosoph und sieht sich deshalb als jemand, der versucht, die Welt besser zu verstehen. Dabei möchte er jenseits von Optimismus und Pessimismus denken: „Menschen brauchen eine Vision für die Zukunft. Die Zukunft soll auch immer ein Möglichkeitsraum sein und Trendforscher versuchen, diese Möglichkeitsräume zu erforschen.“

Extreme Welt der Digitalisierung

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Youtube angezeigt.

Laut Bosshart bewegen wir uns bei der Digitalisierung in einen Bereich der Extreme: Das Verrückte dabei sei, dass niemand sagen könne, wohin die Reise gehe, denn der Horizont beträgt 360 Grad. Bosshart ist davon überzeugt, dass wir uns wieder ändern müssen, weil so wie es ist, könne es nicht weitergehen: beispielsweise mit den Klimazielen oder mit den Finanzmärkten. „Zukunft heißt ja immer auch, dass du an etwas glauben musst. Für junge Menschen ist das enorm wichtig, dass man glaubt, dass man etwas machen kann. Heute fehlt schon vielen der starke Wille etwas auch durchzusetzen.“ Mit der Digitalisierung einher gehen auch die Verschwörungstheorien. Der Trendforscher ist davon überzeugt, dass diese in Zukunft noch viel mehr zunehmen werden, auch Donald Trump habe seinen Teil dazu beigetragen. Denn der Unterschied zu dem Zustand vor ein paar Jahren sei, dass man damals hauptsächlich zentralisierte Medien hatte, mittlerweile wird – auch durch Social Media – alles dezentralisiert. Und in dem Moment, in dem die Gesellschaft nicht mehr die Hierarchie habe, treffen sich Menschen nur noch in Kleingruppen, die alle dieselbe Meinung haben. Durch die Digitalisierung ist es für Experten schwerer geworden, Faktoren für Wachstum zu identifizieren. Es gibt mittlerweile viel mehr Wachstumsnarrative wie beispielsweise den Tourismus oder Skills.

Experimente mit Trump-Fans

In der Vergangenheit gab es diverse Experimente, beispielsweise mit Trump-Anhängern, die vorwiegend Fox News konsumierten: Diese mussten eine Zeit lang die liberale Zeitung New York Times lesen, und dafür haben Leser der NYT sich die Fox News angesehen. Das überraschende Resultat: Es konnte zwar mehr Verständnis für die jeweils andere Seite aufgebracht werden, aber an der Haltung und der Ideologie hat sich nichts verändert. Bosshart erklärt dazu: „Wichtig ist, weiter kritisch zu hinterfragen. Diese Basics muss man weiter fördern: In Zukunft wird die Aus- und Weiterbildung noch viel wichtiger werden. Der Lehrerberuf ist wahrscheinlich der anspruchsvollste und wichtigste in unserer Gesellschaft.“ Eine Paradoxie sieht Bosshart trotzdem im „Mehr-Wissen“. Je mehr wir tun, desto mehr lernen wir, dass wir nicht genug tun.

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.