Groll auf neuen Bildungsminister

Am Dienstag streiken Schülerinnen und Schüler wegen der mündlichen Matura.
Schwarzach Anne Urbanek (18) und Lina Feurstein (18) sind zwei selbstbewusste Mädchen, welche Vorarlbergs Schülerinnen und Schüler als Landessprecherinnen vertreten. Urbanek vertritt die BHS-Schüler, Feurstein jene der AHS. Es eint sie der Protest gegen den neuen Bildungsminister Martin Polaschek, der über die Köpfe der Schüler hinweg die mündliche Maturprüfung im zweiten Coronajahr wieder etablieren möchte. Aber auch in anderen Bereichen marschieren Feurstein und Urbanek Hand in Hand.
Ihr seid in der Protesthaltung gegen die Wiedereinführung der mündlichen Matura vereint. Warum diese strikte Ablehnung?
Feurstein Die diesjährigen MaturantInnen befanden sich in den letzten zwei Jahren in einer Pandemiesituation. Es wurde viel Stoff verloren. Man kann doch nicht genau diesen KandidatInnen jetzt die mündliche Matura zumuten, während man ihre Vorgänger davon befreite.
Urbanek Jetzt wird versucht, mit Druck alles aufzuholen und dadurch wird noch mehr Druck. Man kann von der Politik nicht behaupten „Wir schauen auf eure Gesundheit“ und dann solche Schritte einleiten.
Ihr seid also vom neuen Bildungsminister Polaschek enttäuscht?
Urbanek Ja. Wir haben auf einen frischen Wind in der Kommunikation gehofft. Und jetzt? Jetzt hören wir Sager wie „Schülerinnen können auch im Spital die Matura schreiben“. Das ist lächerlich. Diese Vorgangsweise des Ministers zwingt uns zu Steikmaßnahmen, weil’s am Verhandlungstisch offensichtlich nicht funktioniert.
Feurstein Ich war ehrlich gesagt schon überrascht, mit was für einer Konsequenz er die Wiedereinführung der mündlichen Matura verkündet hat. Ich hatte die Hoffnung, dass da ein größerer Dialog mit uns Schülerinnen stattfindet. Als ich mich über Martin Polaschek erkundigte, vernahm ich, dass er an seiner Universität den Namen eines Vorlesungssaales änderte, weil der zuvor nach einem Faschisten benannt war. Damit verband ich die Hoffnung auf ein höheres Problembewusstsein in Bezug auf gesellschaftliche Probleme. Ich wurde enttäuscht.
Wie wird der Streik am Dienstag aussehen?
Feurstein Der Streik soll am Dienstag in der dritten Schulstunde stattfinden. Die Schüler boykottieren dann den Unterricht. Schülerinnen und Schüler von den Bregenzer Gymnasien werden sich vor dem Palais Thurn und Taxis in Bregenz versammeln – coronagerecht im Freien.
Urbanek Wir von der BHS überlassen den Schülern am Standort, wie und wann sie den Streik bewerkstelligen. Als Vertreterin der Aktion Kritischer Schüler biete ich gerne Unterstützung für die Aktion an.
Ziehen die Lehrer bei eurem Unterfangen mit?
Feurstein Die Lehrpersonen sind gespalten. Es gibt solche, die wollen nicht, dass Unterricht verloren geht. Aber der größere Teil unterstützt unseren Streik sehr wohl. Sie sehen die Situation mit der mündlichen Matura wie wir.
Urbanek Es haben Lehrer dazu ihre eigene Meinung. die sollen sie auch haben. Aber viele stehen auf unserer Seite.
Der Umgang mit Corona überschattet alles. Gibt es eigentlich noch irgendwelche anderen Herausforderungen für die Schülervertetung in diesem Schuljahr?
Feurstein Man merkt natürlich, dass dies ein ganz spezielles Jahr für die Schülervertretung ist. Veranstaltungen mit Präsenz sind ja kaum möglich. Am schmerzlichsten ist diesbezüglich die Durchführung des Schülerparlaments. Das muss nun digital erfolgen, und ist dadurch natürlich nicht dasselbe.
Urbanek Wir sind mit sehr coolen Zielen und Forderungen in unsere LSV-Arbeit hinein gestartet. Wir hätten mehrere Austauschtreffen zu verschiedensten Themen geplant gehabt. Das geht nun alles nicht.
Wie eng seid ihr beiden bei Schüleranliegen in Kontakt miteinander?
Urbanek Wir stehen in regelmäßigem Kontakt, tauschen uns regelmäßig aus. Wir akkordieren unsere Aktivitäten und versuchen uns zu ergänzen. Wir sehen uns mehr als wir telefonieren.
Feurstein Es sind sehr spontane Treffen. Ein schnelles SMS und schon treffen wir uns sofort.
Unterscheiden sich die Anliegen eurer Schülergruppen eigentlich?
Feurstein Die Hauptanliegen sind dieselben. Allerdings: Von den Entscheidungsträgern wird die AHS vorrangig behandelt. Uns wird vorher kommuniziert, was passiert. Daher ist die Forderung von Anne nach Gleichberechtigung auch völlig nachvollziehbar.
Urbanek Die BHS und die Berufsschüler werden oft komplett vergessen. Darüber gibt es bei uns oft große Aufregung.
Gibt es die enge, durch Corona entstandene, Partnerschaft zwischen Lehrern und Schülern noch?
Feurstein Ja. Alle Schulpartner können gut miteinander. Das hat auch mit der Kleinheit des Landes zu tun. Oft finden sich Vertreter der verschiedenen Gruppen ja an einer Schule.
Urbanek Das kann ich so nur bestätigen.