Warum nur Überstunden und mehr Planstellen den Schulbetrieb sichern

Vorarlberg / 26.01.2022 • 17:30 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Warum nur Überstunden und mehr Planstellen den Schulbetrieb sichern
Praxixunterricht an den berufsbildenden höheren Schulen: Lehrer werden in diesem Unterrichtsbereich händeringend gesucht. VN/Rauch

Personalengpass an Schulen erfordert überdurchschnittlichen Einsatz von Pädagogen.

Bregenz, Wien Die einen Lehrer begehren sie, die anderen weniger: Überstunden.

In Vorarlberg müssen besonders viele in mehr Planstellen als eigentlich vorgesehen sind, geleistet werden, um einen ordentlichen Schulbetrieb aufrechtzuerhalten. 429.863 Mehrdiensteinheiten waren es im Schuljahr 2020/2021. Gekostet haben diese 22,6 Millionen Euro. Bei den Planstellenüberschreitungen verbucht das westlichste Bundesland mit 447 Stellen allein ein Drittel des gesamtösterreichischen Überzugs. All diese Zahlen münden in eine unmissverständliche Erkenntnis: Der Lehrermangel ist in Vorarlberg besonders ausgeprägt. Mit rund 6700 Pädagoginnen und Pädagogen in allen Schultypen bewegt sich das Land am Limit. Brauchen würde man einige mehr.

Gut und schlecht

“Die Kolleginnen und Kollegen sind nur durch die Leistung von Überstunden in der Lage, den Schulbetrieb in gefordertem Umfang aufrechtzuerhalten”, sagt Pflichtschullehrervertreter Willi Witzemann (62). Wobei die Mehrdienstleistungen zwiespältig gesehen werden. “Vor allem junge Kolleginnen und Kollegen scheuen sich nicht, diese zu leisten. Sie verdienen dadurch auch besser”, räumt Witzemann ein. Die Situation erinnert an Zeiten, in denen Lehrer die Hälfte ihres Einkommens durch Überstunden bewerkstelligten und später dann auch bei den Pensionen davon profitieren konnten.

Viele Kolleginnen und Kollegen spüren die Folgen der Mehrbelastung und müssen in den Krankenstand.”

Willi Witzemann, Pflichtschullehrervertreter

Freilich, so Witzemann, “nicht allen tut dieser überdurchschnittliche Arbeitsaufwand gut. Wir erleben auch die Folgen dieser Mehrbelastung. Sie äußern sich in Burnouts mit Krankenständen und permanenter Überbelastung. Drei Überstunden sind für die Kollegen im Pflichtschulbereich verpflichtend zu leisten. Viele aber haben 15 Mehrdiensteinheiten. Das halten nicht alle aus”.

Es fehlen Praktiker

Weniger dramatisch ist die Personalsituation an den Gymnasien. “Bei uns gibt es traditionell weniger Überstunden als zum Beispiel an den berufsbildenden höheren Schulen”, sagt Gerhard Pusnik (62), AHS-Lehrersprecher. Einige Fächer, wie etwa Deutsch, Geschichte oder Französisch seien personell gut aufgestellt. “Ein Problem haben wir bei Mathematik und Physik, auch wenn sich die Situation in diesen Fächern inzwischen gebessert hat.” Engpässe würde man auch in den Fächern Bildnerische Erziehung und Musik registrieren, so Pusnik.

An den BHS verhält sich die Situation anders. “Bei uns sind wohl die allgmeinbildenden Fächer gut besetzt, nicht jedoch solche in Fachbereichen. Vor allem mit der Rekrutierung von Fachpraktikern tun wir uns sehr schwer. Von denen wird einerseits mehr Qualifikation verlangt, andererseits ist die Entlohnung dürftig und kann nicht mit der Privatwirtschaft Schritt halten”, zeigt BHS-Lehrersprecherin Katharina Bachmann die Problematik auf.

310 Millionen Euro

Bundesweit mussten im Schuljahr 2020/2021 wieder mehr Überstunden geleistet werden als die Jahre zuvor. Man erreichte dadurch das Niveau von 2016/2017. Insgesamt waren es 5,3 Millionen Überstunden, die den Staat rund 310 Millionen Euro kosteten.