Ganz besonderes „Seepferdchen“

Literarisch-musikalisches Erlebnis beim „Pforte Salon“ im Jugendhaus St. Arbogast
Götzis „Drüben am Walde kängt ein Guruh, warte nur, bald kängurst auch du“ ist Teil eines der 2000 Gedichte, die Joachim Ringelnatz verfasst hat. Die erste Zeile wählten Claudia und Klaus Christa sowie Gotthard Bilgeri vom „Pforte Salon“ als Titel für ihren letzten literarisch-musikalischen Nachmittag im Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast vor dessen Umbau.
Als „Schulrüpel ersten Ranges“ wurde der als Hans Bötticher geborene Weltliterat mit 17 aus dem Gymnasium geworfen, mit seinen Reisen als Seemann in 22 Länder hat sein Künstlername zu tun: „Ringelnatz“ war die Bezeichnung der Seeleute für das Seepferdchen. Mit 27 Jahren wurde er Hausdichter des Münchner Künstlerlokals „Simplicissimus“, davor und daneben übte er 30 verschiedene Tätigkeiten aus. Unter anderem als Buchhalter, Fremdenführer, Schaufensterdekorateur oder Wahrsager für Mitarbeiterinnen von Bordellen.
Der zu den größten Lyrikern gehörende Ringelnatz schrieb auch ernste Bücher und gänzlich unpädagogische Kinderbücher mit anarchischen Ratschlägen und war auch als Maler erfolgreich. Dies, seine Affinität zu Frauen, Fußball und Religion sowie vieles mehr über das kurze, intensive Leben des Künstlers brachte Bilgeri zwischen seinen hin- und mitreißenden Gedichtvorträgen den in großer Zahl erschienenen Besuchern näher.


Lebensfreude unerwünscht
Für wunderbare Ergänzungen zu den Ausführungen und Vorträgen von Bilgeri sorgte das Ehepaar Christa mit Interpretationen von Stücken Bartoks, Robert Fuchs’, Mozarts und Ignaz Pleyels. In starkem Kontrast zur schönen Musik stehen die schändlichen Umstände am Lebensende von Ringelnatz.
„Er hatte Abenteuer im realen Leben wie im Kopf“ charakterisierte der Rezitator den Künstler, dessen unbeschwerte Freude und Kindlichkeit den Nazis ein Dorn im Auge waren. Nachdem seine Bücher verbrannt und verboten waren und er selbst mit einem Auftrittsverbot belegt wurde, verarmte er zusammen mit seiner Frau und großen Liebe Leonharda Pieper (Kosename „Muschelkalk“) und starb mit nur 51 Jahren an Tuberkulose. AME


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