Lass uns Freunde bleiben
Leider ist Ostern schon wieder vorbei. Meine liebsten Feiertage, voll von Hoffnung, Aufbruch, Wundern, frischem Grün. Osterfeuer und Vollmond. Die Tage sind schon lang und die Morgen hell. An keinen anderen Feiertagen isst man besser: Schinken in Brotteig, frisch gebackener Zopf, die wunderbare Torta Pasqualina meiner Freundin, mit Eiern ihrer Hendl, Spinat und dem letzten Bärlauch, den wir beim gemeinsamen Waldspaziergang gesammelt haben. Die Süßigkeiten sind auch besser als zu Weihnachten.
„Was die Kinder essen, wann gegessen wird, welche Kinder Dinge durften, die anderen verboten waren. “
Der Ostersonntag verging bei einem endlosen Frühstück und einem langen Spaziergang mit dem Hund, und danach saßen wir an meiner Waldviertler Hauswand in der Sonne, mit alten Freundinnen und Freunden und zwei der jetzt schon erwachsenen Kinder. Es war viel schöner als es der Wetterbericht prophezeit hatte, und wir fingen ein bisschen früher mit den Sundownern an als üblich. Hey, es ist Ostersonntag! Magst noch ein Stück Zopf? Der Hund wuselte zwischen uns herum, und wir erinnerten uns an früher.
Früher, als unsere Kinder noch klein waren und wir auch schon gemeinsam Ostern feierten, an diesem Ort und an anderen. Weißt du noch, wie der fünfjährige Fritzi beim Osternestsuchen wie ein Derwisch durchs Gelände gerast ist und im Nu alle Nester gefunden hat außer seins? Weißt du noch, wie damals zu Ostern so viel Schnee lag? Wie wir am Abend vor dem Ostersonntag zusammen die Nester befüllten und den Kindern die Schokoeier wegfutterten?
Wir erinnerten uns auch an viele gemeinsame Urlaube, und wie gestresst wir manchmal waren, weil es so anstrengend war mit den kleinen Kindern und den unterschiedlichen Vorstellungen davon, wie sie idealerweise groß zu kriegen seien. Die Psychodynamik trieb uns in ordentliche Konflikte, wegen Lappalien: Was die Kinder essen, wann gegessen wird, welche Kinder Dinge durften, die anderen verboten waren. Weißt du noch, wie sich einmal zwei Väter beinahe prügelten, in genau so einer Situation? In Venedig! Ja, genau.
Wir haben uns mitunter ordentlich gefetzt. Gebrüllt, geheult, geschimpft, auch mal länger zornig gewesen. Es war oft schmerzhaft und verletzend, und es zwickt einen einiges auch jetzt noch, in den Erinnerungen, die sich manchmal ein bisschen unterscheiden, je nach Sicht.
Aber das Wichtigste an dieser Geschichte ist: Fünfzehn Jahre später sitzen wir hier auf meiner Veranda und danach drüben bei den anderen beim Osterfeuer, trinken Sprudel und Bier, essen und lachen zusammen, und sind trotz allem immer noch befreundet. Wir haben es geschafft, den einen Konflikt zu überstehen und dann noch einen, und alle weiteren in all den Jahren ebenfalls. Zum Wohl, auf unsere Freundschaft, sie ist das Beste.
Doris Knecht ist Kolumnistin und Schriftstellerin. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien und im Waldviertel.
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