Inseratenstopp: Frage der Beteiligung

Verbot für landeseigene Unternehmen war zumindest teilweise schon möglich, erklärt Experte.
dornbirn Seit Wochen hält die Wirtschaftsbundaffäre die ÖVP auf Trab. Im Mittelpunkt stehen Inserate in Millionenhöhe in der nun eingestellten Zeitung „Vorarlberger Wirtschaft“. Für Landesunternehmen soll damit Schluss sein, bezahlte Anzeigen in parteinahen Publikationen schalten zu dürfen, wie die Landesregierung kürzlich mitteilte. Der Vorarlberg Corporate Governance Index werde entsprechend angepasst. Bei GmbHs, in denen das Land mehr als 50 Prozent der Geschäftsanteile hält, gab es schon immer eine Handhabe, sagt der Anwalt und Experte für Gesellschaftsrecht Wilhelm Klagian.
Kodex angepasst
Im Wirtschaftsbundmagazin haben fast alle Vorarlberger Industriebetriebe inseriert, aber auch Unternehmen wie Hypobank oder ilwerke vkw, an denen das Land Anteile hält. Das Land ist an 17 Kapitalgesellschaften mit 50 Prozent oder mehr beteiligt, zeigt der aktuelle Rechenschaftsbericht 2020. Neben Landesbank-Holding oder illwerke vkw AG sind das GmbH wie etwa die Krankenhausbetriebsgesellschaft, Vorarlberg Tourismus oder Vogewosi. Der Vorarlberg Corporate Governance Kodex gilt für jene Unternehmen, die ihren Sitz in Österreich, mehr als zehn Bedienstete, über 300.000 Euro Jahresumsatz haben und an denen das Land mit mindestens 50 Prozent beteiligt ist, teilte die Landesregierung mit. Bei Unternehmen mit einer Beteiligung unter 50 Prozent werde man „im Rahmen der unternehmensinternen Willensbildung einwirken“. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften könne der Kodex nicht angewendet werden. Zuvor hatte Landeshauptmann Markus Wallner erklärt, dass Landesunternehmen selbst zu entscheiden hätten, wo und wie Anzeigen geschaltet würden. Das Land greife nicht in das operative Geschäft ein.
Die einstige Höchstrichterin und Neos-Abgeordnete Irmgard Griss wollte das nicht gelten lassen. „Ein öffentliches Unternehmen darf nur dann inserieren, wenn es für dieses Unternehmen notwendig ist, eine Behörde nur, wenn ein Informationsbedürfnis in der Öffentlichkeit besteht“, betonte sie in „Vorarlberg LIVE.“. Als Eigentümer eines Unternehmens sei es dem Land möglich zu bestimmen, wie dieses geführt werde.
Anwalt Klagian erklärt: „Das Land kann bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, in denen es mehr als 50 Prozent der Geschäftsanteile hält, der Geschäftsführung mit Gesellschafterbeschluss Weisungen erteilen und daher auch verbieten, Inserate in parteinahen Medien zu schalten.“ Es könnte auch eine Geschäftsordnung beschließen, die ein bestimmtes Vorgehen anordnet oder verbietet. Ein Verstoß gegen solche Weisungen wäre mit rechtlichen Konsequenzen verbunden. „Das hätte der Mehrheitsgesellschafter seit Gründung der jeweiligen Gesellschaft machen können.“ Anders sehe es bei einer Beteiligung von weniger als 50 Prozent aus. „Da hat das Land keine Handhabe, sondern kann nur Wünsche an die Generalversammlung herantragen.“
Kein Weisungsrecht
Bei Aktiengesellschaften habe selbst der Mehrheitsaktionär kein Weisungsrecht, so Klagian. „Der Aktionär kann weder dem Vorstand noch dem Aufsichtsrat Weisungen erteilen.“ Prinzipiell seien Vorstand und Aufsichtsrat, ebenso GmbH-Geschäftsführer an den Pflichten eines sorgfältigen Organs zu messen, wozu zähle, Inserate zu schalten, wo dies dem Unternehmen nütze. „Das sollte auch bei Unternehmen genügen, an denen das Land die Mehrheit hält.“ Ein generelles Verbot von Inseraten in parteinahen Medien hält er für nicht durchdacht. „Wenn der Geschäftsführer zum Ergebnis gelangt, dass die Werbung in einem solchen Medium aus Sicht der Stakeholder zweckmäßig ist, dann handelte er gegen die Interessen des Unternehmens und daher auch des Gesellschafters, wenn er darauf verzichtet.“ VN-RAM
„Das hätte der Mehrheitsgesellschafter seit der Gründung machen können.“