Die Ermordung der Hohenemser Familie Landauer

Jüdische Lebensgeschichten aus Hohenems: Siegfried Landauer (1883-1942)
Hohenems Im Fokus der Biografienreihe der VN und des Jüdischen Museums Hohenems steht diesmal das traurige Schicksal Siegfried Landauers, der am 2. Mai 1883 als Sohn des Hohenemser Metzgers Leonhard Landauer zur Welt kam. Gemeinsam mit vier später geborenen Geschwistern wuchs er in der damaligen Israelitengasse auf. Im Erdgeschoss des Hauses führte der Vater trotz einer zwischenzeitlichen Zahlungsunfähigkeit, für die er 1890 wegen eines Konkursvergehens sogar zu zehn Tagen Arrest verurteilt wurde, bis zu seinem frühen Tod im Oktober 1909 die Geschäfte. Danach wurde die Metzgerei geschlossen, da sich weder Siegfried noch andere Familienangehörige bereit erklärten, den Betrieb zu übernehmen.

Siegfried Landauer hatte zu dieser Zeit nämlich andere Pläne und arbeitete bereits als Kaufmann, wie Manuel Obermeiers Diplomarbeit zur Familie Landauer (Innsbruck 2014) zu entnehmen ist. Fünf Jahre später, als in Europa der Erste Weltkrieg seinen Ausgang nahm, war es für Siegfried und seine Brüder Marco und Heinrich nur eine Frage der Zeit, bis auch sie zum Militärdienst einberufen wurden. Im August 1915 rückte der zweifache Familienvater schließlich zur k.u.k. Armee ein und nahm an den Kriegshandlungen bis in den September 1918 teil. Seine Frau Laura Zentner, die er bereits 1910 geheiratet hatte, verblieb währenddessen mit dem 1911 geborenen Leonhard und der um drei Jahre jüngeren Johanna in Vorarlberg. Nach Siegfrieds Rückkehr wurde die Familienplanung im Dezember 1919 mit Irmas Geburt abgeschlossen. Die 1920er Jahre verbrachten die Landauers noch in Hohenems. Die hiesige israelitische Gemeinde, deren Vorsteher Siegfried Landauer von 1923 bis 1929 war, war durch Abwanderung schon zusehends kleiner geworden.
Unheil in Innsbruck
Auch Siegfried Landauer zog es bald fort. In der Innsbrucker Fischergasse 5, wo bereits seine jüngere Schwester Malwine lebte, bewohnte er mit seiner Familie eine Wohnung im ersten Obergeschoss. In den Innsbrucker Adressbüchern wird er stets als Agent einer nicht näher genannten Handelsagentur geführt. Im August 1936 übersiedelte die Familie weiter stadteinwärts in die Salurner Straße 8. Diese Adresse stand zwei Jahre später, am Abend des 9. Novembers 1938, auf der Liste eines nationalsozialistischen Terrortrupps, der im Laufe der Pogromnacht gewaltsam in die Wohnung eindrang. Dort lebten zu dieser Zeit bis auf den ältesten Sohn Leonhard, der bereits im März in die Schweiz geflüchtet war, alle Familienmitglieder. Sie hatten außerdem die Buben Ernst David und Hans Heuer, deren Eltern Innsbruck kurzzeitig hilfesuchend verlassen hatten, bei sich aufgenommen. Der damals zehnjährige Ernst David, der den in dieser Nacht verübten Überfall der Nationalsozialisten in einer Kammer versteckt miterleben musste, brachte seine Erinnerungen 1997 zu Papier. In seinem Bericht, der auch auf der Plattform www.pogrom-erinnern.at nachzulesen ist, gab er an, dass Siegfried Landauer zunächst blutig geschlagen und dann verhaftet wurde.
„Plötzlich war die Dunkelheit um mich herum von lauten Schreien und dem Geräusch splitternden Glases erfüllt.“
Aus der Autobiografie von David Ben-Dor alias Ernst David Heuer
Nur wenige Wochen vergingen, bis die Familie Landauer zur Übersiedlung nach Wien gezwungen wurde. Von der dortigen „Sammelwohnung“ in der Köllnerhofgasse 6 erfolgte für Siegfried, Laura, Johanna und Irma Landauer schließlich am 27. Mai 1942 die Deportation. Der Transport „Da 204“ umfasste insgesamt 981 Jüdinnen und Juden. Schon am 1. Juni wurden sie im Konzentrationslager Maly Trostinez durch Genickschüsse ermordet. RAE
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