So sehen Vorarlberger Experten und Radfahrer die Verkehrsnovelle

Vorarlberg / 10.05.2022 • 03:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
So sehen Vorarlberger Experten und Radfahrer die Verkehrsnovelle
Beispiel einer für Radfahrer geöffneten Einbahnstraße: die Tomalagasse in Feldkirch. VN/GS

Vorarlberger Verkehrsexperten von geplanten Neuerungen im Straßenverkehr nicht grundsätzlich überzeugt.

Schwarzach Die Straßenverkehrsnovelle 2022, derzeit in parlamentarischer Begutachtung, soll vor allem Verbesserungen für Radfahrer und Fußgänger bringen (die VN berichteten). Wesentliche Inhalte sind ein klar definierter Mindestabstand für Kraftfahrer beim Überholen von Radfahrern (1,5 Meter innerorts, zwei Meter außerorts), der Grünpfeil für das Rechtsabbiegen an Kreuzungen und die verstärkte Öffnung von Einbahnen für das Radfahren.

Problematik Straßenraum

Gerade letzte Regelung sorgt bei Vorarlberger Experten für Bedenken. Martin Pfanner vom Kuratorium für Verkehrssicherheit in Bregenz sieht hier vor allem das Problem des verfügbaren Straßenraums, der zu wenig Platz bieten könnte.

Derzeit ist das Fahren gegen die Einbahn für Pedalritter bei mehreren Vorarlberger Straßenabschnitten bereits erlaubt, Beispiele sind etwa die Herrengasse und Wichnerstraße in Bludenz, die Tomalagasse in Feldkirch oder die Weiherstraße und St. Anna-Straße in Bregenz.

„Für diese Straßen brauchte es bisher Gutachten, um das Fahren gegen die Einbahn für Radfahrer zu ermöglichen. Eine generelle Öffnung ohne Begutachtung sehen wir kritisch. Ebenso auch das Nebeneinanderfahren, da der Mindestabstand nicht überall eingehalten werden kann.“ Jedenfalls werde die Verkehrsnovelle von den zuständigen Institutionen in Vorarlberg, auch der Verkehrspolizei, bis Ende Monat nochmals genau betrachtet, so Pfanner.

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Katharina Schwendinger: „Generelle Öffnung von Einbahnstraßen für Radfahrer nicht zu empfehlen.“ VN

„Mit Augenmaß abschätzen“

Für Katharina Schwendinger (36), in der Verkehrsabteilung der Landesregierung zuständig für die Radverkehrswegweisung, birgt die Novelle ebenso kritische Gesichtspunkte, wie sie gegenüber den Vorarlberger Nachrichten betont: „Wenn es solche Optionen gibt, müssen sie jedenfalls mittels einer internen Checkliste auf die Gefährlichkeit geprüft werden. Eine generelle Öffnung von Einbahnstraßen für Radfahrer ist jedenfalls nicht zu empfehlen.“ In Vorarlberg gebe es Landesstraßen, die diesbezüglich Probleme bereiten würden. „Auch das Nebeneinanderfahren muss präzisiert werden. Für eine positive Bewertung unsererseits gilt es, das alles mit Augenmaß abzuschätzen“, sagt Schwendinger.

Radfahren gegen die Einbahn – ein Risiko?

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Walter Buder: „Fahrzeuge zu schnell unterwegs.“

Ich wohne da vorne und fahre täglich mit dem Rad auf der Weiherstraße. Gefährlich wird es, wenn die entgegenkommenden Fahrzeuge zu schnell sind. Denn 30 km/h hält hier kaum jemand ein. Ein Problem ist auch, wenn die Fahrzeuge zu groß sind. Kommt ein Bus entgegen, nimmt der einen ganz schnell auf die Hörner. Dann muss man auf den Gehsteig ausweichen und gefährdet hier wieder die Fußgänger. Und sehen Sie sich hier in der Weiherstraße um. Auf beiden Seiten ist alles mit Autos verparkt.

Walter Buder, Bregenz
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Manfred Schrott: „Man kann ja bremsen.“

Ich bin mit dem Fahrrad gelegentlich auf der Weiherstraße unterwegs, etwa nach einem Marktbesuch. Gefährliche Situationen habe ich hier eigentlich noch nicht erlebt, ist ja auch nicht so viel Verkehr da. Und kommt ein Auto entgegen, kann man ja bremsen. Mit der Verkehrsnovelle habe ich kein Problem, künftig werden ohnehin viel mehr Leute mit dem Fahrrad unterwegs sein.

Manfred Schrott, Bregenz
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Verena Enzenhofer: „Kritische Begegnungen.“

Ich benutze die Tomalagasse mehrmals in der Woche, sonst müsste ich einen Umweg fahren. Manchmal kommt es schon zu kritischen Begegnungen, etwa wenn die entgegenkommenden Autos in der Mitte der Fahrbahn unterwegs sind. Ansonsten fände ich die geplante Einbahnregelung für Radfahrer okay, sofern es die Gegebenheiten auch zulassen.

Verena Enzenhofer, Feldkirch