Warum es kein gemeinsames Vorgehen in Sachen Kormorane geben wird

Vorarlberg / 17.05.2022 • 08:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die Zahl der Kormorane am Bodensee steigt jedes Jahr. Rund 4000 dieser Vögel gibt es derzeit bereits.<span class="copyright"> dpa</span>
Die Zahl der Kormorane am Bodensee steigt jedes Jahr. Rund 4000 dieser Vögel gibt es derzeit bereits. dpa

Experten Walter Niederer und Alwin Schönenberger sprechen von anderen Zugängen bei den Bodenseenachbarn.

Bregenz Die heimischen Berufsfischer am Bodensee schlagen Alarm wie noch nie: “Der Kormoran frisst uns alles weg. Wir brauchen noch härtere Maßnahmen gegen die Vögel, weil sonst gibt es bald keine Berufsfischerei mehr”, sagt Franz Blum, einer der betroffenen Petrijünger. Immerhin hat die Behörde schon vor eineinhalb Jahren Jagdschutzbestimmungen für die Kormorane aufgehoben und den Weg geebnet für Vergrämungsmaßnahmen inklusive Abschüsse.

Fischer privilegiert?

Vogelschützer und Mitglied der Kormoran-Arbeitsgruppe Alwin Schönenberger sieht die Vorarlberger Fischer durch diese behördlich abgesegneten Möglichkeiten in einer privilegierten Situation. “Es wurden dazu nicht einmal Ausgleichsmaßnahmen beschlossen.” Ein gemeinsames Kormoranmanagement aller Anrainer des Bodensees fordert er nicht. “Ich will da nicht dreinreden. In der Schweiz und in Deutschland haben sie eben andere Zugänge zu diesem Thema”, sagt Schönenberger. Die sich rasant verbreitende Quagga-Muschel sieht der Vogelexperte als die größere Gefahr für die Fische. “Die entziehen den Fischen die Nährstoffe. Und der Kormoran frisst auch Stichlinge, welche die Speisefische im See ebenfalls bedrohen.”

Keine Einmischung

Auch Walter Niederer, Geschäftsführer des Naturschutzvereins Rheindelta und für die Überwachung der behördlichen Maßnahmen zuständig, will von einem gemeinsamen Kormoranmanagement nichts wissen. “Wir sind die Seeanrainer mit den kleinsten Flächen. Es steht uns nicht zu, anderen zu sagen, was sie tun sollen. Das würde ich in meinem Zuständigkeitsbereich auch nicht wünschen.”

Die heimischen Fischer versteht Niederer voll und ganz. “Sie gehören auch als Kulturgut an den See und sollten nicht verschwinden. Ich weiß, dass sie über die Ländergrenzen miteinander gut vernetzt sind und nach Lösungen suchen. Diese Solidarität wird sehr wichtig sein.”

Es steht uns nicht zu anderen zu sagen, was sie tun sollen. Ich würde mir das bei mir auch nicht wünschen.”

Walter Niederer, GF Naturschutzverein Rheindelta

Hilflos gegen Quagga-Muschel

Wie Schönenberger sieht auch Niederer die Quagga-Muschel langfristig als das größte Problem für die Fische. “Weil wir gegen deren Verbreitung überhaupt nichts tun können.” Eine kleine Hoffnung ruht auf gewisse Wasservögel, welche die Muscheln fressen. “Aber das Problem bei der Quagga-Muschel ist, dass sie sich bis an den Grund festsetzt. Und so tief kommen die Wasservögel gar nicht hinunter.”

Niederer sieht für die Zukunft große Herausforderungen am See. “Klimawandel und von außen eingeschleppte neue Lebewesen sind Entwicklungen, denen wir uns stellen und uns anpassen müssen. Zudem steigt der Nutzungsdruck auf den See, weil es immer mehr Menschen gibt.” Die frohe Botschaft: Der See ist so rein wie noch nie, die Trinkwasserqualität für sechs Millionen Menschen hervorragend.