Millionenpoker um Widmungspläne in Zürs

Mit Grundsatzbeschluss sind Weichen für „Modell Zürs“ gestellt. Umwidmungen würden zum Millionengeschäft.
Lech Touristisch hat die Parzelle Zürs im Nobelskiort Lech schon bessere Zeiten erlebt. 300 Betten sind weggefallen, Nächtigungen zurückgegangen. Jetzt will ein privater Investor dem Ort Leben einhauchen.
Mit einem Grundsatzbeschluss hat die Gemeindevertretung am 20. April grünes Licht für weitere Planungen gegeben. Konkret geht es um die Erweiterung eines bestehenden Hotels, den Neubau eines 2019 abgetragen Beherbergungsbetriebes und den Bau einer neuen Gästeunterkunft, von Mitarbeiterzimmer, Tiefgararagen, Restaurants und Shops.
Die Krux an den Plänen: Am Arlberg müssten dazu Flächen in einem Ausmaß umgewidmet werden, wie es dies in der jüngeren Vergangenheit nicht gegeben hat. So würden für die Projekte „Hotel Edelweiss“ und „Hotel Flexen“ Baufläche Wohngebiet in Sondergebietswidmung Hotel rückgewidmet. Die Baunutzungszahl würde zugunsten der Betreiber steigen, gleichzeitig wäre auf den Flächen ausschließlich eine Nutzung als Hotel möglich. Eine Win-Win-Situation, wie Bürgermeister Gerhard Lucian befindet. Gewinner gäbe es auch bei einer weiteren Umwidmung – und das in Millionenhöhe.
Umwidmung
In den Fokus rückt der gut 5000 Quadratmeter große Edelweiss-Platz im Ortszentrum. Rund 4200 Quadratmeter hat der Investor, die Wolf Projektmanagement GmbH im Besitz der i+R Gruppe und Reinhard Wolf im Februar 2019 erworben, knapp 1000 Quadratmeter sind Eigentum eines privaten Grundbesitzers. Die Widmung der Flächen lautet auf Freifläche Freihaltegebiet und soll nun zu Bauland für eine Hotelnutzung werden. Laut Kaufvertrag wurden damals 50 Euro je Quadratmeter an die früheren Besitzer im Umfeld der „Central – Sporthotel Edelweiss Engelbert Strolz Erben“ überwiesen.
„In Zürs muss wieder Leben einziehen“, sagt Reinhard Wolf. Der Edelweissplatz solle Dorfplatz mit Geschäften und Restaurants werden. Parkende Autos sollen in den Tiefgaragen verschwinden, ein soziales Zentrum entstehen. Geplant sind ein Hotel mit 100 Betten sowie ein Personalhaus. Dazu braucht es allerdings andere Widmungsverhältnisse mit millionenschweren Folgen. Aus praktisch wertlosem Boden würde über Nacht teuerstes Bauland. Beim Millionenpoker um die Edelweissplatz-Widmung geht es laut Insidern um einen zweistelligen Millionenbetrag – abhängig von der am Ende realisierten Baunutzungszahl.
Von dem, was sich nach Lottogewinn mit Mehrfach-Jackpot anhört, würden nur einige wenige profitieren. Durch eine Nebenvereinbarung in den Kaufverträgen ginge das Geld wegen einer Besserungsklausel an die ursprünglichen Grundstücksverkäufer um die früheren Hotel-Edelweiss-Besitzer. Die Familie hätte den Platz über 40 Jahre lang der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung gestellt, hält Investor Reinhard Wolf entgegen. Sein Unternehmen würde jedenfalls finanziell nicht von einer Umwidmung profitieren.
Allgemeinheit profitiert zu wenig
Die Lecher Bevölkerung im Übrigen auch nicht, wie einzelne Gemeindevertreter kritisieren. Stefan Muxel (Unser Dorf) hat dem Grundsatzbeschluss nicht zugestimmt. Man suche das Heil in mehr Betten, mehr Umsatz. Das Projekt sei weder visionär noch glaubwürdig. Es brauche ein Modell, von dem die Allgemeinheit profitiere. Die Gewinne aus Grundstückswidmungen müssten allen zugutekommen – Muxel bringt die Verkehrsthematik in Zürs ins Spiel.
Brigitte Finner (Zukunft wagen) schlägt in dieselbe Kerbe. „Wenn es eine Wertsteigerung gibt, dann muss damit wenigstens in eine Untertunnelung investiert werden“, sagt sie und kritisiert auch die Ungleichbehandlung. Jahrelang habe es bei den Baunutzungszahlen und Freiflächen keine Ausnahmen gegeben, jetzt wolle man alles über Bord werden. Auch sie hat gegen den Grundsatzbeschluss gestimmt. 16 andere Gemeindevertreter waren dafür.
„Große Chance für Zürs“
Auch Bürgermeister Gerhard Lucian, der eine große Chance für den Ortsteil sieht, ist für weitere Planungen. Für ihn hat der Edelweissplatz höchste Priorität, weil er einen Mehrwert für Zürs darstelle. Er spricht von benötigten Mitarbeiterwohnungen und Tiefgaragenfächen, die den umliegenden Anrainer zum Selbstkostenpreis angeboten würden. Zudem könnten die verlorenen Betten der letzten 15 Jahre wieder aufgefüllt werden, argumentiert der Rathaus-Chef.
Alternativlos ist das 100-Millionen-Projekt für Investor Reinhard Wolf. Er spricht von der einzigen Chance für Zürs. Was die Widmungen betrifft, habe es erste lose Gespräche mit dem Land gegeben, das den Wunsch nach frühzeitiger Einbindung geäußert habe. Kritikern, die Allgemeinheit profitiere zu wenig, hält Wolf entgegen, dass rund 1200 Quadratmeter des Platzes als öffentliches Gut an die Gemeinde abgetreten werde. „Der kann dann an die Skischule für den Sammelplatz weiterverpachtet werden“. Unklar ist noch, in welcher Priorisierung die Projekte angegangen werden sollen. Während die Gemeinde den Edelweissplatz an erster Stelle sieht, ortet Wolf Sanierungsbedarf beim gleichnamigen Hotel.