So ein Segen ist das Ende der Maskenpflicht im Lebensmittelhandel

Vorarlberg / 24.05.2022 • 19:30 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Marion Widmann weiß, was es heißt, bis zu zehn Stunden mit Maske hinter eine Kasse zu sitzen.  <span class="copyright">VN/Hämmerle</span>
Marion Widmann weiß, was es heißt, bis zu zehn Stunden mit Maske hinter eine Kasse zu sitzen. VN/Hämmerle

Mitarbeitende erklären, warum das Aus für die Masken für sie überfällig ist.

Lustenau “Für uns war das schon lange nicht mehr nachvollziehbar”, sagt Peter Hämmerle (58), Marktleiter des Rheincenters in Lustenau und zupft an seiner Maske, die seine Nase nur noch teilweise bedeckt. Hämmerle erzählt von den Kunden, deren Maskenmoral in den vergangenen Wochen dramatisch nachgelassen habe. “Natürlich ist die Maske bis zum 1. Juni immer noch Pflicht, aber wir haben in Sachen Überwachung und Durchgreifen ehrlicherweise einen Gang zurückgeschaltet.”

Der Marktleiter räumt ein, dass er und seine Mitarbeiter einen Spagat vollziehen. Motto: Überwachung der geltenden Bestimmungen einerseits, Nachsicht andererseits. “Wir leiden in unserer Branche ja auch unter Personalmangel. Und die Attraktivität des Jobs wird nicht besser, wenn wir unter schwereren Bedingungen arbeiten müssen als andere”, erklärt Hämmerle seine Sicht der Dinge.

Nicht genug Sauerstoff

Wie schwer das Arbeiten mit Maske unter Dauerbelastung in einem Supermarkt ist, weiß die 25-jährige Kassiererin Marion Widmann nur allzu gut. “Es ist so mühsam und hart. Gerade jetzt, wo es wieder wärmer wird und das Tragen der Maske immer schwerer fällt.” Bis zu zehn Stunden am Tag ist die junge Frau täglich im Einsatz, muss dabei hochkonzentriert sein und zu den Kunden freundlich. “Wie kann es sein, dass Menschen an anderen Orten in großer Zahl ohne Maske sein dürfen und wir hier nicht. Dass wir ab 1. Juni dieses Ding endlich auch weglassen dürfen, ist höchste Zeit.”

An den Mund-Nasen-Schutz hat sie sich nie wirklich gewöhnt. “Du kriegst mit dieser Maske auf Dauer einfach nicht genug Sauerstoff. Man fühlt sich unwohl und wird viel schneller müde”, schildert die Mitarbeiterin die Belastung, mit der sie sich jetzt noch eine knappe Woche abfinden muss.

Katharina Vogel hat wie alle ihre Kolleginnen und Kollegen zwei erlebnisreiche Jahre hinter sich. Die Maskenpflicht ist eine große Herausforderung.
Katharina Vogel hat wie alle ihre Kolleginnen und Kollegen zwei erlebnisreiche Jahre hinter sich. Die Maskenpflicht ist eine große Herausforderung.

Gegen Zwei-Klassen-Gesellschaft

“Dabei”, sagt Peter Hämmerle”, “sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Kassen ja durch die Plexiglasscheibe geschützt und könnten auf Masken verzichten. Aber wir wollten im Unternehmen keine Zwei-Klassen-Gesellschaft schaffen. Deswegen haben wir die Maskenpflicht für alle im Verkaufsbereich tätigen Mitarbeiter verfügt.” Hämmerle spricht von zwei Jahren, die alle Bediensteten sehr viel Substanz gekostet haben.

Das kann auch seine Stellvertreterin als MarktleiterIn, Katharina Vogel (56), seit 30 Jahren bei Spar, bestätigen. Sie berichtet von ihren Erlebnissen mit vielen Kunden. “Da sind solche, die das mit dem Maskentragen nicht so genau nehmen. Und da sind die anderen, die eine ganz strenge Einhaltung der Maskenpflicht einfordern. Mitten drinnen sind wir.” Vogel erzählt von älteren Menschen, die Atemschwierigkeiten bekommen haben. “Denen sagte ich, sie sollen doch kurz die Masken herunternehmen, damit sie richtig atmen können. Doch dann ist mir auch schon passiert, dass sich ganz strenge Maskenträger aufgeregt haben und mir Vorwürfe machten.”

Marktleiter Peter Hämmerle weiß, dass die Einhaltung der Maskenpflicht im Geschäft immer schwerer durchzusetzen ist.
Marktleiter Peter Hämmerle weiß, dass die Einhaltung der Maskenpflicht im Geschäft immer schwerer durchzusetzen ist.

Riesiger Ballast fällt ab

Für die Handelsangestellten bedeuteten die letzten Wochen, Monate und Jahre eine Doppelbelastung. Einerseits als Leidtragende der Maskenpflicht mit den geschilderten Beschwernissen, anderseits die zusätzliche Rolle als eine Art Kontrollorgan mit Hinweispflicht für Coronamaßnahmensünder.

Nicht ganz einfach haben sie es derzeit mit einigen Schweizer Kunden, die das Rheincenter aufsuchen. “In der Schweiz gibt es ja die Maskenpflicht auch im Lebensmittelhandel nicht mehr. Und dann kommen sie ohne Maske hierher, wo das nicht so ist. Für uns ist das so eine Situation, mit der wir klarkommen müssen”, sagt Katharina Vogel.

Für sie und all die anderen läutet der 1. Juni ein neues Zeitalter ein. Ein riesiger Ballast fällt ab. Und niemand möchte, dass es jemals wieder anders wird.