Lobbyisten
Die ersten Interviews des neuen Landwirtschaftsministers Totschnig sind etwas ungeschickt verlaufen. In einem Fall lehnte sein Büro eine Befragung durch eine konkrete Journalistin der Kronenzeitung ab, ohne dass der Minister einen Grund dafür liefern konnte. In einem anderen bekannte er sich freimütig dazu, dass er zwar nicht Lobbyist des Bauernbundes, aber sehr wohl der Bäuerinnen und Bauern in diesem Land sei.
Möglicherweise glaubt der Minister, sich allgemein beliebt machen zu können, wenn er sich als eine Person darstellt, die sich kompromisslos für die Interessen der Bäuerinnen und Bauern einsetzt. Er geht wohl davon aus, dass es sich dabei um eine Berufsgruppe handelt, welcher in der Öffentlichkeit uneingeschränkte Sympathie entgegengebracht wird. Vielleicht war ihm nicht wirklich bewusst, dass es zwischen gesellschaftlichen und ökologischen Interessen einerseits und jenen der Landwirtschaft Interessenkollisionen geben kann. Was für den österreichischen Bauernstand gut sein mag, ist noch lange nicht für uns alle gut.
Die Verfassung versteht den Bundesminister als eine Behörde, die das Gesetz zu vollziehen hat, aber im Rahmen der Gesetze politische Zielsetzungen verfolgen darf. Leitlinie ist das Allgemeinwohl. Klientelpolitik kann sich manchmal mit dem Allgemeininteresse decken, tut das aber nur in seltenen Fällen. Rechtlich kann der Landwirtschaftsminister beispielsweise strengere Tierschutzvorschriften in der Landwirtschaft blockieren, wenn er sich als „Lobbyist der Bäuerinnen und Bauern“ versteht, zum Allgemeinwohl gehört in einem modernen Staat allerdings auch der Tierschutz.
Selbstverständlich wäre es naiv zu glauben, dass andere Minister in den verschiedenen politischen Konstellationen nicht auch spezifische Interessen vertreten. Ein Sozialminister, der sein politisches Leben in der Gewerkschaft verbracht hat, wird die Interessen seiner Kientel im Auge behalten. Ähnliches mag sogar für eine Klimaschutzministerin gelten, die einst Umweltaktivistin war. Dennoch sollte ein Regierungsmitglied auf Bundes- oder Landesebene sein Amtsverständnis nicht primär darauf ausrichten, sich als Lobbyist einer bestimmten Gruppe zu verstehen. Vielmehr müssen sich unsere Spitzenpolitiker bewusst sein, dass sie für ihr Handeln dem Parlament und damit dem Volk gegenüber verantwortlich sind und das Allgemeininteresse zu verfolgen haben.
„Klientelpolitik kann sich manchmal mit dem Allgemeininteresse decken, tut das aber nur in seltenen Fällen.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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