Der See im Wandel mit Fischern als Verlierer

„Der Fangertrag an Felchen wird ins Bedeutungslose fallen“, sagt der Fischereibeauftragte Nikolaus Schotzko.
Gaissau Regula Bösch (64), die erfahrene Fischerin vom Bodensee, hat sich eine Portion Fatalismus angeeignet. „Ich habe heute in der Früh zwölf Kretzer aus dem See. Das war’s. Felchen? Fehlanzeige!“. Die zwölf Kretzer, auch Egli genannt, seien nicht einmal ein halbes Kilo. „Wenn es von diesen Fischen auch im August nicht mehr gibt, dann ist das eine Katastrophe.“ Nicht einmal mehr eine Handvolll Berufsfischer würden derzeit hinaus auf den See fahren. „Natürlich spielt da auch das Wetter eine Rolle. Es ist gewittrig, und das ist nicht gut“, sagt Bösch.
Höchst willkommen ist laut der Fischerveteranin alles, was an Brauchbarem in die Netze gelangt. „Rotauge, Wels, Braxe, Ale: Du musst eben alles verwerten, was du fängst.“
Kurzer Lichtblick
„Die bisherige Saison ist ganz schlecht“, muss auch der Fischereibeauftragte des Landes, Nikolaus Schotzko, nicht lange mit einer Antwort auf die Frage nach den derzeitigen Erträgen zögern. Einen Lichtblick gab es nur in den ersten beiden Juniwochen. „In dieser kurzen Zeit verzeichneten wir Fänge mit zehn bis 20 Kilo Felchen. Damit ist es aber schon lange wieder vorbei.“
Als nicht zu lösendes Hauptproblem sieht Schotzko die Quagga-Muschel. „Die hat sich mittlerweile bis an den Seegrund ausgebreitet. Es gibt Zonen, da haben wir bereits 4000 Individuen auf einem Quadratmeter gezählt“. Die Quagga-Muschel entzieht den Plankton-fressenden Fischen die Nahrung. Ein Mittel gegen den ungeliebten Bewohner des Bodensees gibt es nicht. „Das wissen wir von Seen aus den USA.“
Düstere Zukunft
Schotzko gibt sich keinen Illusionen hin. „Die Aussichten sind düster. Wir werden uns damit abfinden müssen, dass der Ertrag an Felchen im Bodensee künftig zur Bedeutungslosgigkeit verkommt.“
Der Fischereiexperte verweist bei seinen Erläuterungen gerne auf das Forschungsprojekt „Seewandel“, das einschneidende Veränderungen des Bodensees untersucht. Viel dreht sich dabei unter anderem um den Klimawandel, den Nährstoffrückgang, die gebietsfremden Arten und andere Stressfaktoren, die den Bodenssee zusehends verändern.
Kormoran und Stichling
Aktuell sind es neben der Quagga-Muschel die hinlänglich bekannten Probleme mit den gefräßigen Kormoranen sowie mit dem Stichling, die den Fischern zusetzen. Für die Fische zum Negativen verändert hat sich auch die Schichtung der Nahrungseintrages. Zwar gelangen laut Aussage von Schotzko immer noch 200 Tonnen Phosphor jährlich in den See. Das Problem: Vieles vom Nährstoff sinkt in die Tiefe und nützt den davon abhängigen Lebewesen nichts. Kurzum: Die Rahmenbedingungen der Berufsfischer am Bodensee verschlechtern sich zusehends. VN-HK
„Rotauge, Braxe, Aal, Wels: Du musst als Fischer alles verwerten, was du fängst.“
