Das lange Ende der Vollspalten

Vorarlberg / 01.07.2022 • 21:36 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
In puncto Schweinehaltung wird in Österreich mehr Tierwohl gesetzlich verankert. Aber das dauert noch.APA/MURAT
In puncto Schweinehaltung wird in Österreich mehr Tierwohl gesetzlich verankert. Aber das dauert noch.APA/MURAT

Ab 2040 sind sie in der Schweinehaltung verboten. Die Übergangsfrist sorgt für Kritik.

WIEN Das gesunde Schwein, das gut gelaunt über saftige Wiesen läuft, findet man fast nur in der Werbung. Weniger als ein Prozent dieser Tiere werden draußen gehalten. Rund 60 Prozent der Schweine fristet die Zeit auf Vollspaltenböden. Mindestens 90 Prozent haben dadurch Verletzungen oder Krankheiten. Vollspaltböden sind jedoch erst vor wenigen Jahren in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Dabei liegt Österreich beim Verzehr von Schweinefleisch im europäischen Spitzenfeld: Der durchschnittliche Österreicher isst etwa 60,5 Kilo Fleisch pro Jahr, mehr als die Hälfte davon ist Schweinefleisch. Nun sollen die Vollspaltenböden abgeschafft werden. Die lange Übergangsfrist sorgt für Kritik.

Tierschutzminister Johannes Rauch (Grüne) und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) sprachen von einer „Wende in der Schweinehaltung“. Das Ende der Vollspaltenböden kommt in zwei Etappen: Ab dem kommenden Jahr sind sie bei Neubauten und Umbauten von Ställen verboten. Endgültig abgeschafft werden sie aber erst mit Ende 2039. Bis dahin müssen alle Ställe auf eine neue Haltungsform umgebaut werden, die noch nicht im Detail feststeht. Die neuen gesetzlichen Grundlagen sollen noch im Juli 2022 im Parlament beschlossen werden.

15 bis 20 Prozent sterben verfrüht

Noch vor wenigen Jahren hätte kaum jemand gewusst, wie Schweine überhaupt gehalten werden, sagt Ann-Kathrin Freude vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) in Vorarlberg. Das Verbot nennt Freude einen „Riesenerfolg“. Dass es hingegen noch 18 Jahre dauert, bis Vollspaltenböden endgültig aus der Schweinehaltung verbannt werden, kritisiert die VGT-Aktivistin: „Das bedeutet, dass noch Millionen Schweine dieses Leben durchleiden müssen.“ In Zahlen ausgedrückt: Aufgrund der Haltung auf Vollspaltböden sterben 15 bis 20 Prozent der Schweine verfrüht, informiert Freude. Die Todesrate sei dreimal so hoch wie bei der Haltung mit Stroh. 95 Prozent haben entzündete Gelenke.

Freude erklärt, was aus Sicht des VGT ein „absolutes Mindestmaß“ der neuen Haltungsform ist: „Es wird oft gesagt, dass Schweine dreckige Tiere wären. Aber das stimmt nicht. Sie wollen einen eigenen Bereich für die Toilette, einen Wohnbereich und einen tief mit Stroh eingestreuten Bereich, in dem sie sich Nester zum Schlafen bauen können.“

Schweiz mit höheren Standards

In der Schweiz gebe es bereits einen höheren Mindeststandard mit Auslauf bei Neubauten: „Das ist für Vorarlberg bezeichnend, dass es ein paar Meter über der Grenze einen Mindeststandard gibt, den wir nicht einmal als Normalstandard haben.“

Das Tierwohlpaket sei intensiv in Abstimmung mit den betroffenen Branchen verhandelt worden, so Totschnig: „Gerade in Zeiten der Teuerung müssen Schritte der Weiterentwicklung behutsam gesetzt werden, um heimische Produktionsketten nicht zu gefährden und keinen weiteren Teuerungsschub auszulösen.“ Dem Konsumenten müsse klar sein, dass Tierwohl seinen Preis habe. 

„Es wird oft gesagt, dass Schweine dreckige Tiere wären. Aber das stimmt einfach nicht.“

Das lange Ende der Vollspalten

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