Über das Seuchengeschehen im Montafon

Vorarlberg / 03.07.2022 • 17:18 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Michael Kasper und Marina Hilber hielten den Vortrag.BI
Michael Kasper und Marina Hilber hielten den Vortrag.BI

Von „Pest – Pocken – Grippe“ und ihren Parallelen zur Coronapandemie.

SCHRUNS Die diesjährige Jahreshauptversammlung des Krankenpflegevereins Außermontafon bot neben dem erfolgreichen Abschlussbericht zum vorhergehenden Jahr am vergangenen Mittwoch einen spannenden dualen Vortrag unter dem Titel „Pest – Pocken – Grippe“ mit Michael Kasper, Leiter der Montafon Museen und Obmann des Heimatschutzvereins Montafon sowie des Geschichtsvereins Region Bludenz, und Marina Hilber, Professorin an der Universität Innsbruck mit dem Spezialbereich Sozialgeschichte der Medizin.

„Wir zeigen heute einen Streifzug durch epidemische Krankheiten und Seuchen im Montafon auf, der weit zurückreicht und bis in die jüngste Geschichte andauert“, erläuterte Michael Kasper. Während des spannenden, mit vielen Fotos und Tabellen untermauerten Vortrags wurden von den beiden Referenten immer wieder Parallelen zur aktuellen Covid-19-Pandemie aufgezeigt.

Seuchen und Krisensituationen

Die Todesfälle im Rahmen der Pest seien nur vage eruierbar, da zu dieser Zeit noch keine Sterbebücher geführt worden seien. „Was beim Auftreten aller Seuchen jedoch auffällt, ist der Zusammenhang mit anderen Krisen. Bei der Pest waren dies der 30-jährige Krieg, die ‚kleine Eiszeit‘ sowie eine erhöhte Mobilität und die aus diesen Faktoren resultierenden Mangelerscheinungen wie Armut und Hunger“, betonte Michael Kasper. Zu den Bewältigungsstrategien zählten vor allem die Religion als auch sogenannte Pestwachen, die vor Ansteckung schützen sollten. Obwohl damals Bakterien noch nicht bekannt waren, war es den Menschen durchaus bewusst, dass sie von den Kranken Abstand halten mussten.

Marina Hilber fokussierte sich in ihrem Vortrag unter anderem auf die Pocken, die auch „die gemainen Blattern“ genannt wurden. Im 18. Jahrhundert nahm diese Krankheit epidemische Auswüchse an. Auch beim Ausbruch der Pocken konnte ein Zusammenhang mit den Napoleonischen Kriegen und den entsprechenden Truppenbewegungen hergestellt werden. Im Winter 1918/19 forderte die Spanische Grippe zahlreiche Tote, wie dies auch in den Sterbebüchern im Montafon nachweisbar ist. Und auch bei diesem Grippe-Ausbruch bestand ein wesentlicher Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg.

Eine weitere epidemische Erkrankung in Europa war die Kinderlähmung. Markant war der Anstieg von Polio-Fällen im Jahr 1947. „Das Erkennen der Krankheit erwies sich als tückisch, denn die ersten Symp­tome ähneln denen der Grippe. Erst wenn Lähmungen und starke Schmerzen hinzukamen, konnte Polio diagnostiziert werden. Ähnlich wie heute bei Corona steckten symptomlos Erkrankte andere Menschen an“, verglich Marina Hilber die damalige Situation mit dem heutigen Geschehen.

Polio immer noch nicht ausgerottet

Als 1961 die Schluckimpfung gegen Polio eingeführt wurde, nahm
die Anzahl der Fälle deutlich ab: „Allerdings ist Polio – trotz massivster Kampagnen – weltweit noch immer nicht ausgerottet.“

Marina Hilber und Michael Kasper haben eine Publikation unter dem Titel „krank – heil – gesund“ mit 29 unterschiedlichen Beiträgen von Autoren, die verschiedenste Facetten zu diesem Thema beleuchten, herausgegeben. Außerdem wurde auf die aktuelle Ausstellung zur Medizingeschichte des Montafons im Heimatmuseum Schruns verwiesen. BI

Es war ein äußerst spannender Vortrag. Ich habe schon vorher viel zu dieser Thematik gewusst, aber heute Abend doch Neues erfahren. Ich kann mich noch gut an die Einführung der Kinderlähmung-Impfung erinnern. Wir wurden damals nicht gefragt, sondern einfach geimpft. Werner Stofleth, 73 Jahre, Tschagguns

Es war ein äußerst spannender Vortrag. Ich habe schon vorher viel zu dieser Thematik gewusst, aber heute Abend doch Neues erfahren. Ich kann mich noch gut an die Einführung der Kinderlähmung-Impfung erinnern. Wir wurden damals nicht gefragt, sondern einfach geimpft. Werner Stofleth, 73 Jahre, Tschagguns

Mich hat besonders die Regelmäßigkeit des Sieben-Jahre-Zyklus im Seuchengeschehen beeindruckt. Wenn ich diese Feststellung auf das Coronavirus übertrage, dann haben wir eine ungewisse Perspektive. Mich erstaunt die Impf­skepsis, wie sie noch vorhanden ist. Dabei war die Impfung gegen Pocken ein Heilsbringer. Monika Schändlinger, 49 Jahre, Gaschurn

Mich hat besonders die Regelmäßigkeit des Sieben-Jahre-Zyklus im Seuchengeschehen beeindruckt. Wenn ich diese Feststellung auf das Coronavirus übertrage, dann haben wir eine ungewisse Perspektive. Mich erstaunt die Impf­skepsis, wie sie noch vorhanden ist. Dabei war die Impfung gegen Pocken ein Heilsbringer. Monika Schändlinger, 49 Jahre, Gaschurn

Ich komme ursprünglich aus Tirol, interessiere mich aber für die Geschichte des Montafons. Aus diesem Grund besuche ich gern informative Veranstaltungen wie diese. Mir ist aufgefallen, dass es auch früher Impfskeptiker gab – wie heute im Zuge der Corona-Pandemie. Michaela Netzer, 57 Jahre, Schruns

Ich komme ursprünglich aus Tirol, interessiere mich aber für die Geschichte des Montafons. Aus diesem Grund besuche ich gern informative Veranstaltungen wie diese. Mir ist aufgefallen, dass es auch früher Impfskeptiker gab – wie heute im Zuge der Corona-Pandemie. Michaela Netzer, 57 Jahre, Schruns

Die geschichtliche Aufarbeitung dieses Themas ist hoch interessant. Ich bin 1951 geboren, damals war Polio noch ein Riesenthema. Der Vortrag bot eine spannende Aufarbeitung des medizinischen Alltags in früheren Zeiten. Die Kirche spielte damals eine extreme Rolle. Werner Neyer, 71 Jahre, Schruns

Die geschichtliche Aufarbeitung dieses Themas ist hoch interessant. Ich bin 1951 geboren, damals war Polio noch ein Riesenthema. Der Vortrag bot eine spannende Aufarbeitung des medizinischen Alltags in früheren Zeiten. Die Kirche spielte damals eine extreme Rolle. Werner Neyer, 71 Jahre, Schruns

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