Echte Expertinnen
Dass die Supermärkte an der Kassa griffbereit Verlockungen feilbieten, ist ein alter Hut: Süßes für die Kleinen, Rauchwaren für die Großen, mitunter bedauerlicherweise auch umgekehrt. Die kleinen Dramen flehentlich empor gereckter Kinderhände trotzen den Verkäuferinnen keine Gemütsregung mehr ab. Entnervte Mütter und verschämte Käufer, die rasch vier, fünf Schnapsfläschchen in der Tasche verschwinden lassen – so rasch es das Zittern eben zulässt – all das gehört auch zu ihrem bunten Alltag. An ihrem Band paradiert das pralle Leben vorbei, auch freundliche Schwätzchen und dankbare Kundschaft inklusive.
Im Grunde sind die Damen an der Kassa – Herren findet man in diesem Beruf höchst selten – die Seismographen der Gesellschaft. Die Nachricht war noch gar nicht in den Redaktionen angekommen, da zogen sie schon Tausende Großpackungen voller Toilettenpapier über die Förderbänder und wussten als erste, dass die Nation die Hosen gestrichen voll hat.
Sie werden auch als erste Zeuginnen, wenn vermehrt Menschen ihre Münzen zählen, die sie in der Geldbörse haben. Wieder und wieder zählen sie, aber es will nicht reichen. Dann muss etwas zurück – der Käse vielleicht, wer braucht schon Käse? Oder der Thunfisch, geht sich ja vielleicht nächsten Monat aus. Kassiererinnen sehen all das. Bei den Besprechungen der Wirtschaftsweisen wäre ihr Rat vielleicht nicht so geschliffen, aber unbezahlbar. Neuerdings steht übrigens ein „Gute Nerven Trunk“ ganz vorn im Regal.
Thomas Matt
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