Österreich kündigt Klage an
Europaparlament billigt grünes Label für Gas und Atomkraft.
straßburg In der Europäischen Union werden Investitionen in bestimmte Gas- und Atomkraftwerke aller Voraussicht nach als klimafreundlich eingestuft werden können. Das Europaparlament hat keinen Einspruch erhoben. Von den anwesenden EU-Abgeordneten votierten am Mittwoch in Straßburg 328 gegen das Vorhaben, die sogenannte Taxonomie zu blockieren. 278 stimmten dafür und 33 enthielten sich. Damit dürfte die Regelung Anfang 2023 in Kraft treten. Österreich hat in diesem Fall eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angekündigt.
„Darauf vorbereitet“
„Wir haben uns in den letzten Wochen und Monaten bereits intensiv auf diesen Fall vorbereitet und werden unsere Klage im Rahmen der dafür vorgesehenen Frist einreichen“, bekräftigte Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne). Die Entscheidung werde dem Green Deal und den europäischen Bemühungen für eine gute und klimafreundliche Zukunft nicht gerecht, betonte Gewessler. Luxemburg habe bereits zugesagt, sich an einer Klage zu beteiligen.
Konkret ging es bei dem Votum um einen ergänzenden Rechtsakt zur Taxonomie der EU. Sie ist ein Klassifikationssystem, das private Investitionen in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten lenken und so den Kampf gegen den Klimawandel unterstützen soll. In einem ersten Schritt wurde bereits im Vorjahr entschieden, die Stromproduktion mit Solarpaneelen, Wasserkraft oder Windkraft als klimafreundlich einzustufen. Zudem wurden Kriterien für zahlreiche andere Wirtschaftsbereiche festgelegt. Sie regeln beispielsweise, dass der Personen- und Güterzugverkehr ohne direkte CO2-Abgasemissionen als klimafreundlich eingestuft werden kann. Unter dem Druck einiger Mitgliedstaaten schlug die für Gesetzesvorschläge zuständige EU-Kommission dann Ende vergangenen Jahres zusätzlich vor, auch Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich einzustufen.
Konkret sieht der Vorschlag der EU-Kommission vor, dass in Ländern wie Frankreich, Polen und den Niederlanden geplante Investitionen in neue AKW als nachhaltig klassifiziert werden können, wenn die Anlagen mondernsten Technik-Standards entsprechen und ein konkreter Plan für eine Entsorgungsanlage für hoch radioaktive Abfälle spätestens 2050 vorgelegt wird. Zudem soll Bedingung sein, dass die neuen Anlagen bis 2045 eine Baugenehmigung erhalten. Bei der Einstufung neuer Gaskraftwerke soll relevant sein, wie viel Treibhausgase ausgestoßen werden und ob sich die Anlagen spätestens 2035 auch mit grünem Wasserstoff oder kohlenstoffarmem Gas betreiben lassen können.
Die Umsetzung des Kommissionsvorschlags kann verhindert werden, wenn sich bis zum 11. Juli mindestens 20 EU-Staaten, die mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU vertreten, zusammenschließen. Dass eine entsprechende Mehrheit im Rat der EU zustande kommt, gilt wegen des Interesses von vielen Staaten an Kernkraft als ausgeschlossen.
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