Personalnot gefährdet Kindeswohl

Auch beim Vorarlberger Kinderdorf gibt es bereits Wartelisten.
Bregenz Personalmangel gefährdet auch das Kindeswohl. Darauf machte der Dachverband der Österreichischen Kinder- und Jugendhilfe aufmerksam. Es werde immer schwieriger, qualifizierte Mitarbeitende zu finden. Als Folge davon bilden sich in manchen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe schon Wartelisten. Die Geschäftsführerin des Vorarlberger Kinderdorfs, Alexandra Wucher, bestätigt: „Die Situation ist prekär.“ So warten aktuell 10 Kinder auf eine ambulante Begleitung, und es werden ihren Erfahrungen zufolge bis im Herbst wohl noch mehr. Derzeit würden laufend Anfragen hereinkommen.
Matratzen gelegt
Gleiches gilt für den stationären Bereich. Dort ist der Bedarf ebenfalls hoch, doch noch zu decken. Sieben Kinder wurden über den Sommer in Kinderdorf-Familien aufgenommen, für zwei gibt es Anfragen. Einige Kinder fanden in der Krisenpflege einen Platz, aber auch das war laut Wucher mit viel Mühe verbunden. „In der Krisenauffanggruppe, die für sieben Kinder ausgelegt ist, mussten zum Teil kurzfristig sogar Matratzen ausgelegt werden“, verdeutlicht die Kinderdorf-Geschäftsführerin.
Das Vorarlberger Kinderdorf ist die größte Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung im Land. Die Organisation unterhält präventive, ambulante, teilstationäre und stationäre Angebote für rund 3000 Kinder und Jugendliche sowie deren Familien. Insgesamt betreute bzw. begleiteten die 300 Beschäftigten im vergangenen Jahr an die 3100 Kinder und Jugendliche, davon knapp 400 stationär. Eine Entspannung sieht Alexandra Wucher nicht. Sie befürchtet die Nachwehen der Coronapandemie, die den Bedarf an ambulanter und stationärer Betreuung für Kinder weiter steigen lassen, und das vor dem Hintergrund eines Mangels an fachlich qualifizierten Sozialpädagogen. Der hat bereits dazu geführt, dass es etwa bei den Frühen Hilfen zu Wartezeiten von zwei bis drei Wochen kommt. Auch der Familiendienst ist stark ausgelastet. Zusätzlich schlägt in den drei Schulstandorten noch der Lehrermangel auf.
Kaum Bewerbungen
Derzeit werden Mitarbeitende für drei Wohngemeinschaften sowie eine Hausleitung gesucht. „Es gibt leider nur sehr wenige Bewerbungen“, merkt Wucher bedauernd an. „Schwache Jahrgänge, Bildungskarenzen, Auszeiten sofort nach der Ausbildung“, nennt sie als Gründe. Gleichzeitig geraten die aktuell Beschäftigten immer mehr an ihr Limit. „Der Sozialbereich hat viel an Lobby verloren“, mutmaßt Alexandra Wucher. Ein kürzlich erfolgtes Treffen mit Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker, an dem Vertreter aller Einrichtungen teilnahmen, beschert jetzt etwas Hoffnung: „Man hat uns gehört und nimmt das Problem ernst.“ VN-MM
„Die Nachwehen der Coronapandemie werden den Bedarf an Betreuung steigen lassen.“

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