Immer mehr Affenpockenfälle

Vorarlberg / 05.08.2022 • 21:26 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Die ersten Impfungen gegen Affenpocken haben in Österreich bereits stattgefunden. Weitere Impfdosen werden erwartet.AP
Die ersten Impfungen gegen Affenpocken haben in Österreich bereits stattgefunden. Weitere Impfdosen werden erwartet.AP

Gefährdung durch nahen Körperkontakt: Zahl der Betroffenen nimmt auch in Österreich zu.

Schwarzach Globale Notlage. Mit diesen zwei Wörtern beschreibt die Weltgesundheitsorganisation die aktuelle Situation zum Affenpockenausbruch. In Österreich steigt die Fallzahl weiter an. Mittlerweile wurden 160 Infektionen registriert, drei davon in Vorarlberg. Besonders betroffen sind Männer mit häufig wechselnden Sexualpartnern. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) warnt allerdings vor eine Stigmatisierung. Infektiologe Herwig Kollaritsch erklärt den VN, ob Affenpocken mit Covid19 vergleichbar sind und die einstige Pockenimpfung aus den 80er-Jahren noch wirkt.

 

Wie viele Personen haben sich infiziert? Jüngsten Zahlen zufolge sind weltweit über 23.000 Fälle gemeldet. Europa ist mit mehr als 14.000 Fällen besonders betroffen – und hier mit Abstand am stärksten Spanien. „Im Vergleich zu anderen Staaten ist die Anzahl in Österreich noch auf einem niedrigen Niveau“, heißt es seitens des Gesundheitsministeriums. Per 1. August waren 132 mit Affenpocken Erkrankte bekannt, mittlerweile sind es 160. Zum Vergleich: Anfang Juli waren 37 Fälle bekannt, Mitte Juli 83.

 

Gibt es Affenpockenfälle in Vorarlberg? Ja. Die Landespressestelle berichtet von drei bestätigten Fällen: „Alle Verläufe waren mild, eine stationäre Behandlung war nicht erforderlich.“

 

Wer ist besonders betroffen? „Wir wissen, dass in Österreich aktuell nur Männer von Affenpocken betroffen sind“, berichtet Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Laut WHO sind 98 Prozent der seit Mai entdeckten Fälle in Folge eines Sexualkontakts zwischen Männern mit häufig wechselnden Partnern aufgetreten. Rauch bittet diese Gruppe um besondere Vorsicht, warnt aber gleichzeitig vor einer Stigmatisierung von Homosexuellen. „Denn das Virus unterscheidet nicht aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung.“

 

Wie werden Affenpocken übertragen? Das Gesundheitsministerium stuft die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Ausbreitung durch engen Kontakt mit erkrankten Personen als hoch ein. Dazu zählt unter anderem der direkte Kontakt mit dem Ausschlag von Infizierten, Körperflüssigkeiten oder Schleimhäuten, aber auch wenn die Bettwäsche oder Handtücher eines Infizierten benutzt worden sind. Die Symptome können Fieber, Schüttelfrost, Kopf-, Rücken- und Muskelschmerzen, geschwollene Lymphknoten sowie Erschöpfung sein. Hautveränderungen kommen hinzu. Die Infektionsität beginnt mit den ersten Krankheitszeichen.

 

Rollt eine nächste Pandemie auf uns zu? Infektiologe Herwig Kollaritsch erklärt, dass man den Ausbruch der Affenpocken bekämpfen werden müsse: „Die Krankheit ist aber zum Beispiel mit Covid, das viel ansteckender ist, nicht zu vergleichen.“ Wichtig sei es, dass Betroffene bei Beschwerden einen Arzt aufsuchen und Kontakt zu anderen Personen meiden. Seit Mai sind Affenpocken in Österreich meldepflichtig.

 

Gibt es einen Impfstoff? Ja. In Österreich sind 2300 Dosen angekommen. Die ersten Impfungen haben bereits stattgefunden. Geimpft werden primär Personen, die engen körperlichen Kontakt mit einer an Affenpocken erkrankten Person hatten sowie spezielles Laborpersonal, das mit Affenpockenviren arbeitet. Eine zweite Impfsstofflieferung ist noch diese Woche in Aussicht. Die Impfung sei aktuell ein Nischenprodukt, weil sie nicht in millionenfacher Ausführung hergestellt wurde, erklärt Kollaritsch. Es brauche Zeit, um diese nachzu- produzieren.

 

Hilft die Pockenimpfung, die bis 1981 verpflichtend war? Ja. „Das echte Pockenvirus und das Affenpockenvirus sind ganz enge Verwandte“, erläutert der Infektiologe. Wer etwa die charakteristische Narbe am Oberarm habe, könne davon ausgehen, zumindest vor schweren Verläufen geschützt zu sein.

 

Wie reagiert die LGBTIQ-Community auf die Ausbreitung der Affenpocken? Sie kritisiert, dass das Ministerium zu wenig tue, um die Verbreitung aufzuhalten. Es gebe zu wenig Impfstoff und Information, erklärt Mario Lindner, Vorsitzender der sozialdemokratischen LGBTIQ-Organisation SOHO, im VN-Gespräch. Auch die Art der Kommunikation sei wichtig. „Denn es ist – um es überspitzt zu sagen – keine typische ‚Schwulenkrankheit‘. Jeder kann Affenpocken bekommen“, sagt Lindner. In Deutschland wurden auch schon zwei Frauen angesteckt. „Das heißt nicht, dass wir wegdiskutieren wollen, dass vor allem homosexuelle Männer betroffen sind. Es darf nur nicht der Eindruck ­entstehen, dass alle anderen vor der Erkrankung geschützt sind.“ Man müsse aufklären, auch zielgruppentechnisch in Community-Medien oder -Bars. Das Gesundheitsressort dürfe all das nicht verschlafen. VN-ebi

„Die Krankheit ist mit Covid, das viel ansteckender ist, nicht zu vergleichen.“

Immer mehr Affenpockenfälle