Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Studien und Gutachten

Vorarlberg / 05.08.2022 • 08:00 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

In einer vor wenigen Tagen kundgemachten Änderung der Bundesverfassung wurde in einem nüchternen Satz eine Regelung aufgenommen, die für mehr Transparenz sorgen soll:
Demnach müssen ab 1. Jänner 2023 die Behörden des Bundes, des Landes und der Gemeinden Studien, Gutachten und Umfragen, die sie in Auftrag geben und deren Kosten veröffentlichen, soweit dem nicht die Amtsverschwiegenheit entgegensteht.
Nach der bekannt gewordenen fragwürdigen Vergabe solcher Aufträge durch diverse öffentliche Institutionen wird diese Regelung bei vielen Menschen auf Zustimmung stoßen. Selbstverständlich soll der Staat alle Studien, die mit Steuergeldern bezahlt wurden, veröffentlichen!

„Insgesamt ist die neue Regelung eine Chance für mehr Transparenz, die allerdings erst genützt werden muss.“


Wie dies jedoch erfolgen soll, darüber hat sich das Parlament, das die Bestimmung im letzten Moment in eine Novelle zur Bundesverfassung schmuggelte, die damit überhaupt nichts zu tun hat, keine Gedanken gemacht. Ebenso wenig darüber, ob die öffentlichen Stellen die betreffende Bestimmung einheitlich handhaben werden. Was ist überhaupt eine „Studie“ oder ein „Gutachten“? Die neue Bestimmung war keiner öffentlichen Begutachtung zugeführt worden. Warum auch, dachte sich wohl der Gesetzgeber. Ist ja „nur“ die Verfassung.
Trotzdem sollten sich Behörden, Ämter und Gemeinden darauf vorbereiten, dass sie in weniger als einem halben Jahr alle Gutachten samt Honorarnote online zu stellen haben, soweit eben nicht die Amtsverschwiegenheit Vorrang genießt.

Amtsverschwiegenheit bedeutet allerdings im Gegensatz zu einer sowohl auf der Seite der Behörden wie auch der Bürgerinnen und Bürger weit verbreiteten Meinung nicht, Informationen willkürlich zurückzuhalten. Es müssen vielmehr konkrete Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, dass ein Dokument nicht veröffentlicht wird. Das kann der Persönlichkeitsschutz von Privaten sein oder wenn es sich um ein laufendes Verfahren handelt.
Insgesamt ist die neue Regelung eine Chance für mehr Transparenz, die allerdings erst genützt werden muss. Der Gesetzgeber lässt die Verwaltung jedoch genauso wie die Bürgerinnen und Bürger, für die nicht ganz klar ist, wie sie den Anspruch auf Veröffentlichung gegen eine widerstrebende Behörde überhaupt durchsetzen können, in der Umsetzung alleine.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.