Dieses Tier sollte sowohl Schmusetiger als auch Bestie sein

Herdenschutzhunde haben ein hohes Anforderungsprofil. Mario Heller aus Thal in der Schweiz züchtet sie.
Thal Bijou ist eine imposante Erscheinung. Groß, stark, schön. Bijou ist ein Herdenschutzhund, besser eine Herdenschutzhündin. Das dreijährige Tier ist zudem nett zu Menschen, tänzelt freundlich um den Besucher herum.
Herrchen Mario Heller (52) ist dennoch nicht zufrieden mit Bijou. “Ich habe sie von der Alpe runtergenommen. Sie war mir zuletzt zu wenig herdentreu”, erzählt der urige Schweizer, während ihn Bijou drollig anblickt.
Pyrenäische Berghunde
Der Schafzüchter braucht absolut verlässliche Herdenschutzhunde als Maßnahme gegen die steigende Wolfsgefahr. “Die Hunde sollten lieb zu Menschen sein, doch in der Sekunde zur Bestie werden, wenn Wölfe eine Schafherde bedrohen”, zeichnet Heller das Bild eines Mustervierbeiners. “Die Hunde so abzurichten, ist natürlich eine große Herausforderung.”
Heller hat derzeit sechs Vierbeiner unter seinen Fittichen: zwei Rüden und vier Weibchen. “Ich sehe zu, dass ich stets ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis bei meinen Hunden habe. Sonst würde es kompliziert.” Mit Ausnahme von Bijou überwachen die zur Rasse der pyrenänischen Berghunde gehörenden Vierbeiner seine Schafsalpe.

Hundezüchter seit 20 Jahren
Seit 20 Jahren züchtet der Landwirt Herdenschutzhunde. “Es hat damals erste Wahrnehmungen von Wölfen in den Alpen gegeben. Interesse an Hunden hatte ich schon immer.” Rund 800 Schafe nennt Heller sein eigen. Sie dienen zur Fleischproduktion und zur Landschaftspflege. Und obwohl die Hunde keine Konfrontation mit Wölfen scheuen und ihre Herde gut bewachen, hat ihm das Raubtier trotzdem bereits Schafe gerissen. “Die Weidefläche liegt nahe eines Waldes. Dort können sich Wölfe gut verstecken und halt auch zuschlagen, wenn die Hunde nicht gerade an einem bestimmten Punkt sind. Bei Wölfen gilt: Sie sehen uns viel häufiger, als wir sie sehen.” Von direkten Konfrontationen zwischen Hunden und Wölfen kann Heller nicht berichten. “Ich weiß nur, wie im Jahre 2016 einmal meine Hunde einen Wolf in die Enge getrieben haben. Natürlich wäre der Wolf viel stärker als meine Hunde.”
“Bei den Wölfen gilt: Sie sehen uns viel häufiger als wir sie sehen. Im Wald können sie sich gut verstecken.”
Mario Heller, Schaf- und Hundezüchter
1200 Franken erhält Heller von der öffentlichen Hand pro Hund jährlich. Eine oft geäußerte Befürchtung von Vorarlberger Landwirten teilt er: “Natürlich musst du die Hunde auch außerhalb der Alpsaison halten. Bei mir geht das ja, aber wahrscheinlich nicht bei allen.”

Kein Problem für Touristen
Dass die Herdenschutzhunde ein Problem für den Tourismus seien, kann er jedoch nicht bestätigen. Ein großes Problem wird aus Sicht des Schaf- und Hundezüchters der Wolf. “Es führt kein Weg daran vorbei, dass die Wolfspopulation reguliert gehört. Und es kann auch nicht sein, dass bis zur erlaubten Entnahme von Problemwölfen ein Behördenmarathon absolviert werden muss.” Die Wölfe würden sich in der Schweiz explosionsartig vermehren. Dem müsse man entgegentreten.