Eine Stadt in Kinderhand

Vorarlberg / 23.08.2022 • 19:12 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Bei Herbert von der Großhammerzunft wird eifrig gewerkelt.

Bei Herbert von der Großhammerzunft wird eifrig gewerkelt.

Von Lasuten und überwundenen Krisen: Das Alte Hallenbad verwandelt sich für drei Wochen in KleinFeldkirch.

feldkirch Es herrscht am Dienstagmorgen gerade eine kleine Krise in Feldkirch. Weil alle Arbeitsplätze belegt sind, ist die Arbeitslosigkeit hoch. Doch Bürgermeister Noel hat bereits eine Lösung parat: „Wir wollen eine zweite Station in der Kreativwerkstatt eröffnen, damit zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden“, erklärt der Elfjährige. Ein elfjähriger Bub als Stadtoberhaupt?

Bei KleinFeldkirch ist das möglich. Die Kinderstadt hat seit Montag nach dreijähriger coronabedingter Pause zum 14. Mal ihre Pforten geöffnet. Die Grundidee: Kinder können spielerisch erleben, wie ein Stadtsystem funktioniert. “Sie können sich selbst und ihre Wünsche einbringen und in unterschiedliche Berufe reinschnuppern und Lösungen finden”, erklärt Theresa Amann, Projektleiterin der Kinderstadt.

KleinFeldkirch wie GroßFeldkirch

Wo vor Kurzem noch im Rahmen des Poolbar-Festivals Konzerte über die Bühne gingen, wird nun fleißig von den Sieben- bis Zwölfjährigen gebacken, gemalt, an der Universität studiert oder Artikel für die “KleinFeldkircher Nachrichten” recherchiert. Die lokale Tageszeitung der Kinderstadt berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe: “Viele Leute wünschen sich mehr Gehalt. Außerdem haben Umfragen ergeben, dass sich die meisten Menschen zehn Lasuten als Gehalt wünschen.” Lasuten heißt die Währung in der Kinderstadt. Der Stundenlohn beträgt fünf Lasuten. “Wir bekommen Lohnzettel und können unser Gehalt anschließend bei der Bank abholen. 20 Prozent des Gehalts, also eine Lasute, sind Steuern”, erklärt Bürgermeister Noel.

30 Stationen

Es läuft also alles genau so ab, wie in der Arbeitswelt der Erwachsenen. Forderungen nach mehr Gehalt, Steuern und Wirtschaften, mit dem was man hat – das und mehr lernen die Sieben- bis Zwölfjährigen in der Kinderstadt. 30 Stationen stehen den Kindern zum Geldverdienen und -ausgeben zur Verfügung. Die Stadtverwaltung mit Meldeamt und Fundamt sowie das Arbeitsmarktservice, ein Gericht und die Bank sind wichtige Institutionen von KleinFeldkirch, eben genau so wie in GroßFeldkirch.

Fokus auf Inklusion

KleinFeldkirch kommt gut an: Täglich sind etwa 250 Feldbürger – so heißen die Bürgerinnen und Bürger von KleinFeldkirch – dabei, viele davon kommen jedes Jahr. “Neu in diesem Jahr ist, dass im Sinne der Inklusion für Kinder, die aufgrund einer Beeinträchtigung nicht selbstständig teilnehmen können, eine 1:1-Betreuung angeboten wird”, erklärt Amann, die selbst als Kind bei KleinFeldkirch teilgenommen hat. Insgesamt sorgen über 30 Betreuerinnen und Betreuer, viele davon ehrenamtlich, für einen reibungslosen Ablauf und ein unvergessliches Ferienerlebnis.

Schnelllebig

Bis 9. September ist die Kinderstadt täglich von Montag bis Freitag geöffnet. Eine Zeit, die schnell vergeht. “Die Kinderstadt ist sehr schnelllebig.” Somit sind auch rasche Regierungswechsel vorprogrammiert. Schon morgen, Donnerstag, wird wieder gewählt. Und auch die Arbeitslosenkrise ist bis zur Mittagspause bereits Vergangenheit. Bürgermeister Noel und die Stadträte konnten das Problem dank entschlossenem Handeln lösen. VN-MIH, SAH

Bei den Bäckermeistern Johannes und Josef Schertler lernen die Kinder backen. VN/Paulitsch
Bei den Bäckermeistern Johannes und Josef Schertler lernen die Kinder backen. VN/Paulitsch
Eine Stadt in Kinderhand

“Mir gefällt die Arbeit bei der Zeitung ‘KleinFeldkircher Nachrichten’ am besten. Bei der Bank zu arbeiten und zu sehen wie das Bankwesen funktioniert war auch sehr interessant. Später möchte ich einmal Volksschullehrerin werden und anderen Kindern etwas beibringen.” Helena (10), Redakteurin

Eine Stadt in Kinderhand

“Ich finde es sehr toll, dass man hier wieder so viele Freunde aus der Schule trifft. Ich bin täglich hier in KleinFeldkirch um zu arbeiten und mir so mein Mittagessen selbst zu verdienen. Am besten gefällt mir die Arbeit in der Presse, später möchte ich einmal Innenarchitektin werden.” Marla (9), Redakteurin

Eine Stadt in Kinderhand

“Als Vizebürgermeisterin von KleinFeldkirch ist es wichtig, Verantwortung zu übernehmen und ein offenes Ohr für die Menschen zu haben. In der Kinderstadtvertretung in Feldkirch arbeite ich auch mit. Am besten gefällt mir das Theater und die Bäckerei.” Pia (11), Vizebürgermeisterin

Eine Stadt in Kinderhand

“Ich bin das erste Mal als Betreuerin mit dabei und werde die ganzen drei Wochen die TV-Nachrichten betreuen, die täglich um 15 Uhr im Foyer ausgestrahlt werden. Ich finde es sehr cool hier mit den Kindern gemeinsam zu arbeiten, für mich ist das der bislang beste Ferialjob.” Laura Burghard (18), Betreuerin

Bei Herbert von der Großhammerzunft wird eifrig gewerkelt.
Bei Herbert von der Großhammerzunft wird eifrig gewerkelt.

KleinFeldkirch für Kinder von sieben bis 12 Jahre im Alten Hallenbad. Mo. bis Fr. von 9 bis 16 Uhr. Eintritt pro Tag 3,50 Euro; Wochen-Abo 15 Euro