Machtfantasien
Walter Rosenkranz und Tassilo Wallentin, Konkurrenten des gegenwärtigen Amtsinhabers im Bundespräsidentenwahlkampf, haben angekündigt, im Fall ihrer Wahl die bestehende Bundesregierung zu entlassen. Sie begründen dies mit den schlechten Leistungen der türkis-grünen Koalition und mit den Möglichkeiten, welche ihnen die Verfassung bietet.
Bundespräsident Van der Bellen meint nicht ganz zu Unrecht, dass ein solches Vorgehen „ein wenig nach Putsch riecht“. Zwar sieht die Verfassung vor, dass der Bundespräsident die Bundesregierung wie auch den Bundeskanzler entlassen kann, insoweit bewegen sich die beiden Kandidaten noch auf einer rechtlichen Grundlage. Der Bundespräsident darf jedoch nicht willkürlich und nur von sachlichen Gründen geleitet handeln. Darüber hinaus muss ein vernünftiges Staatsoberhaupt die Folgen seines Handelns erkennen. Das Parlament würde sich nicht so einfach eine Wunschregierung des Bundespräsidenten vor die Nase setzen lassen, sondern sie mit einem Misstrauensvotum aus dem Amt entfernen. Dies könnte der Bundespräsident nur dadurch verhindern, dass er sich zuvor von der neuen Bundesregierung die Ermächtigung geben lässt, den Nationalrat aufzulösen. Allerdings wäre es unwahrscheinlich, dass das Volk bei den darauf folgenden Neuwahlen die Vorgehensweise des Bundespräsidenten gutheißen würde.
Ein derartiges Handeln würde insgesamt eher eine Staatskrise heraufbeschwören als irgendein Problem lösen, wie unzufrieden man mit der gegenwärtigen Regierungsarbeit auch immer sein mag. Nun werden die beiden Kandidaten ohnehin nie in die Verlegenheit geraten, ihre Machtfantasien ausleben zu können. Das dürfte ihnen auch bewusst sein. Möglicherweise poltern sie deshalb umso hemmungsloser.
In der Geschichte Österreichs gab es eigentlich nur eine Situation, in welcher ein Bundespräsident die Regierung hätte entlassen sollen: Als 1933 Bundeskanzler Dollfuß durch einen Staatsstreich das Parlament außer Funktion setzte und 1934 eine neue autoritäre Verfassung vorlegte. Der damalige Bundespräsident Wilhelm Miklas scheute damals leider davor zurück, eine Regierung, welche Österreich in eine Diktatur umwandelte, ihres Amtes zu entheben.
Solange hingegen eine im Rechtsstaat verankerte funktionsfähige Regierung vorhanden ist und ein Parlament, das diese Regierung kontrolliert, hat sich der Bundespräsident aus dem politischen Streit herauszuhalten und nicht seine eigenen Vorstellungen oder die seiner Klientel durchzusetzen.
„Ein derartiges Handeln würde insgesamt eher eine Staatskrise heraufbeschwören als irgendein Problem lösen.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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