Milliarden-Kreditvertrag mit Bedingungen

Vorarlberg / 31.08.2022 • 20:45 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Wien Energie weist Vorwürfe der Spekulation zurück. Für die Bundesregierung sind dazu noch zu viele Fragen offen.REUTERS
Wien Energie weist Vorwürfe der Spekulation zurück. Für die Bundesregierung sind dazu noch zu viele Fragen offen.REUTERS

Einsicht, Aufsichtsvertreter, Aufklärung: Das Geld für Wien Energie gibt es zwar schnell, aber nicht umsonst.

Wien Der finale Kreditvertrag im Finanzdebakel des Energieversorgers Wien Energie steht. Der Bund stellt der Stadt Wien über die Bundesfinanzierungsagentur einen Kredit von zwei Milliarden Euro zur Verfügung, knüpft diesen aber an Bedingungen.

 

Welchen Bedarf hat die Wien Energie angemeldet? Die Wien Energie kommunizierte ursprünglich einen sofortigen Bedarf von zwei Milliarden Euro und einen grundsätzlichen Bedarf von sechs Milliarden. Am Dienstag erklärte der Energieversorger, dass im schlimmsten Fall – bei einer weiteren Verdoppelung des Strompreises diese Woche – fünf Milliarden Euro an Garantien fällig würden, im allerallerschlimmsten Fall wären es zehn Milliarden.

 

Wofür braucht der Energieversorger das Geld? Als Gründe für die finanzielle Notlage führt die Wien Energie die exorbitanten Großhandelspreise für Strom und Gas an. Um die Versorgung der Kunden sicherzustellen, führe man Handelsgeschäfte an Energiebörsen durch und müsse dabei – wie alle Börsenteilnehmer – Sicherheitsleistungen hinterlegen, die man derzeit aber nicht leisten könne.

 

Steckt auch Spekulation dahinter? Das weisen Verantwortliche der Wien Energie zurück. Es gebe ein klares Spekulationsverbot, sagte Aufsichtsratschef Peter Weinelt. Dem Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, fehlen noch viele Details zur Frage, woher die Liquiditätsprobleme gekommen sind. Es sei aber offensichtlich, dass sie aufs Erste „nicht nur mit Marktproblemen erklärbar sind“.

 

Was steht nun im Kreditvertrag? „Wir stellen als Bund der Stadt Wien eine Kreditlinie von zwei Milliarden Euro zur Verfügung“, erklärt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Diese würde über die Bundesfinanzierungsagentur abgewickelt und die ganze Summe bei Bedarf binnen zwei Stunden zur Verfügung stehen. „Die Kreditlinie läuft bis April 2023. Es gibt eine Berichtspflicht der Stadt an den Bund über die Sicherstellung der Energieversorgung für die zwei Millionen Kundinnen und Kunden der Wien Energie“, hält der Ressortchef außerdem fest. „Wir werden als Bund einen Vertreter ins Aufsichtsgremium der Wien Energie entsenden, solange die Kreditlinie läuft.“ Peschorn ergänzt: Der Bund habe sich mit dem Kreditvertrag Einsichtsrechte gesichert. Es bestehe die Verpflichtung, Aufklärung zu leisten.

 

Was passiert, wenn die Wien Energie mehr als zwei Milliarden Euro braucht? „Dann sind wir in der Lage, auch diese Situation zu unterstützen. Momentan ergibt sich aber keine Notwendigkeit“, sagt Peschorn.

 

Spannt die Bundesregierung einen Schutzschirm für die ganze Branche? „Wir verschließen uns der Diskussion nicht“, sagt Brunner. Momentan sei der Bedarf aber nicht gegeben.

 

Welche Maßnahmen trifft das Energieministerium? Die zuständige Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) erklärt, dass sie die E-Control mit einer allgemeinen Markterhebung zur Liquidität der Energieversorger beauftragt habe: „Es gibt derzeit keine vergleichbare Situation bei einem anderen Energieversorger. Daher wollen wir ein strukturiertes Bild erheben.“ Außerdem stehe zur Diskussion, die Kontrollrechte der E-Control auszuweiten. Ebenso will die Ministerin in den kommenden Tagen die Strompreisbremse präsentieren. Demnach wird der Grundbedarf für Haushalte zu einem Preis unter dem Marktwert angeboten. Am 9. September tagen zudem die EU-Energieminister in Brüssel zu Maßnahmen, um den europäischen Strommarkt zu entspannen. Man müsse auch die Grundursache beseitigen: „Die fossilen Energien treiben die Preise. Wir müssen rein in ein erneuerbares Energiesystem.“ VN-ebi

Brunner: Einsichtsrechte gesichert. APA
Brunner: Einsichtsrechte gesichert. APA
Gewessler kündigt Markterhebung an. AFP
Gewessler kündigt Markterhebung an. AFP