Johannes Huber

Kommentar

Johannes Huber

Für den Fall der Fälle

Vorarlberg / 23.09.2022 • 14:00 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

In den ersten Tagen nach dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine hat sich in Österreich vieles gerächt, was in den vergangenen Jahren verabsäumt wurde. Ein klares Bekenntnis zum Bundesheer insofern, als es für all seine Aufgaben auch ordentlich ausgerüstet wird. Oder eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Neutralität. Schnell wurden Stimmen laut, das nachzuholen, bis der Kanzler, also Karl Nehammer (ÖVP), die Debatte für beendet erklärte. Schlimmer: Auch um Ankündigungen, ins Heer zu investieren, ist es ruhig geworden.

Das Bundesheer kann Beachtliches leisten. Jetzt aber geht es um neue Dimensionen, für die es gestärkt werden muss.

Selbstverständlich ist das Thema nicht vergessen. Hinter den Kulissen wird daran gearbeitet. Begleitend dazu wäre jedoch ein öffentlicher Prozess nötig, der zur allgemeinen Bewusstseinsbildung beiträgt.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat diese Woche eine Teilmobilmachung ausgerufen und damit gedroht, dass Atomwaffen zum Einsatz kommen könnten. Damit geht eine gefährliche Eskalation einher. Nehammer warnt vor dem Schlimmsten, mahnt jedoch Besonnenheit ein.

Zu einer solchen gehört vieles. Diplomatie etwa, selbst wenn die Aussicht auf Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew gleich null ist. Wichtig wäre es vor allem aber auch, bei den unterschiedlichsten Fragestellungen endlich anzufangen, die Bevölkerung mitzunehmen; sich mit ihr beispielsweise Gedanken darüber zu machen, wie Schutz und Sicherheit bei diversen Szenarien gewährleistet werden könnten. Das ist so oder so überfällig.

Schon seit Monaten muss man davon ausgehen, dass es in einem ukrainischen Atomkraftwerk zu einem Super-GAU kommen könnte. Davon wäre man auch hierzulande betroffen. Genauso realistisch ist unabhängig davon ein Blackout, also ein flächendeckender, länger anhaltender Stromausfall in Österreich: Weiß jeder Bürger, was der Staat dann leisten kann, worauf er sich persönlich einstellen muss? „Blackout“ wird allmählich immerhin zu einem Begriff, den man nicht mehr buchstabieren muss.

Damit das Leben im Katastrophenfall weiterfunktioniert, so gut es geht, braucht es aber auch Pläne mit Rollenverteilungen. Dann kommt es auf jeden Einzelnen an, soziale Geflechte (von der Nachbarschaft bis zum Verein), Organisationen mit ehrenamtlichen Mitarbeitern (wie die Rettung oder die Feuerwehr), aber auch den Staat und bei ihm wiederum ganz besonders auf das Bundesheer. Es kann Beachtliches leisten. Das hat es schon oft bewiesen. Jetzt aber geht es um neue Dimensionen, für die es gestärkt werden muss.

Johannes Huber

johannes.huber@vn.at

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.