“Drecksau” vor Gericht

Am Bezirksgericht Bregenz wurde ein außergewöhnlicher Fall verhandelt. VN/GS
70-Jähriger wegen Beleidigung während einer Gerichtsverhandlung verurteilt.
von Emilia Kennerknecht
Bregenz “‘Drecksau’ ist kein Wort, das mein Vater verwendet”, erklärt die 53-jährige Tochter des Angeklagten. Der 70-Jährige, der am Bezirksgericht Bregenz der Beleidigung beschuldigt wird, hat seine Tochter als Zeugin einberufen. Auch der gegnerische Privatankläger beruft sich auf seinen damaligen Verteidiger, der ebenfalls als Zeuge in diesem Prozess befragt wird.
Der Kläger, der mit der Tochter des Beschuldigten verheiratet ist, wirft dem 70-jährigen vor ihn als “Drecksau” bezeichnet zu haben. Das Ganze soll sich während eines früheren Prozesses, in dem es um eine Unterhaltsangelegenheit ging, abgespielt haben. Das Plädoyer des Rechtsvertreter der Tochter will der Angeklagte damals aber lediglich mit einem ” jo des au” (“Ja das auch”) kommentiert haben. Fest steht, dass es bereits seit längerem Spannungen zwischen dem Kläger und seinem Schwiegervater gibt.

“Nur gegrummelt”
Aufgrund von Zeugen, die am ersten Prozesstag nicht anwesend waren, wurde am Dienstagvormittag die zweite Verhandlungsrunde eröffnet. Die Tochter des Angeklagten erklärte, dass außer den bezahlten Rechtsvertretern des Privatklägers niemand etwas von der angeblichen Beleidigung gehört habe. Sie selbst sei während des Vorfalls in etwa zwei Meter Distanz zum Vater gesessen. Er habe etwas Unverständliches in die Maske gegrummelt, so die Zeugin. Verstehen konnte sie das Gemurmel aber nicht.
Anwalt im Zeugenstand
Neben der Tochter des Beschuldigten wurde auch Rechtsanwalt Florin Reiterer, der damalige Rechtsvertreter des Klägers, in den Zeugenstand berufen. Dieser sagte, ihm wäre es nie in den Sinn gekommen, einen Anwalt während des Plädoyers zu unterbrechen, im Gegensatz zu dem Angeklagten. “Wenn ich nicht der Meinung gewesen wäre, ´Drecksau´ gehört zu haben, hätte ich es nicht in meinen Akten dokumentiert”, so Reiterer.
1200 Euro Geldstrafe teilbedingt
Der Angeklagte wurde von Richter Christian Röthlin wegen des Vergehens der Beleidigung für schuldig befunden. Das Urteil lautet Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu je 15 Euro, gesamt 1200 Euro. 20 Tagesätze davon sind unbedingt abzuleisten. Sein Urteil begründete der Richter damit, dass er nicht glaube, dass sich zwei Rechtsanwälte für eine Falschaussage vom Kläger bezahlen ließen, denn das wurde ihnen von der gegnerischen Partei vorgeworfen. Doch für Anwälte hätte dies schwerwiegende Folgen, die sie bestimmt nicht riskieren. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Angeklagte beansprucht Bedenkzeit.