Lokalaugenschein: Die Schlange der Armut wird immer länger

Immer mehr Menschen sind auf Tischlein deck dich angewiesen. Gleichzeitig bekommt die Hilfsaktion immer weniger Waren.
Von Mirijam Haller & Matthias Rauch
Dornbirn Bereits eine halbe Stunde vor Öffnung von Tischlein deck dich warten an diesem Donnerstagnachmittag die Ersten vor der Einfahrt zur Tiefgarage des Kolpinghauses in Dornbirn. Viele Frauen mit Kindern sind es, die mit Trolleys in einer Schlange stehen, aber auch ältere Menschen.

Ebenso wartet Christian E. in der Schlange. Der Dornbirner kommt seit zwei Jahren regelmäßig hierher. “Meine Invalidenpension reicht einfach nicht, damit ich genügend Lebensmittel einkaufen kann”, erzählt er. “Ich bin sehr froh, dass es dieses Angebot gibt.”

Ähnlich geht es Dabbagh, der mit seinem Sohn vor der Ausgabestelle wartet. “Ich habe Zuhause vier Kinder. Es ist schwierig bei den Preisen, über die Runden zu kommen”, schildert der Dornbirner.

Mehr Menschen sind in Zeiten der Teuerung und des Ukraine-Krieges auf Tischlein deck dich angewiesen, die Zahl hat sich seit Anfang Jahr etwa verdoppelt. “Wir spüren einen höheren Zulauf”, berichtet Eugen Wenin.

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Dabei könnten es noch viel mehr sein, weiß Monika Feurstein. Viele hadern monatelang mit sich, bevor sie den Weg hierher finden. “Gerade Mindestpensionisten sehen wir selten, dabei wäre Tischlein deck dich ihnen eine große Hilfe”, ist die 62-Jährige sicher. Für sie und ihre Kolleginnen sind alle, die kommen, Kunden, keine Bedürftigen.
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Der 65-jährige Eugen Wenin organisiert gemeinsam mit Monika Feurstein den Standort in Dornbirn, und das ehrenamtlich. 1000 Familien und damit etwa 3000 Menschen haben dank dem Engagement der insgesamt 300 Ehrenamtlichen und der zwölf angestellten Mitarbeiter etwas auf dem Tisch. Acht Lieferautos, die die Waren bei Supermärkten im Land einsammeln, fahren dafür durch Vorarlberg. Beim Hauptsitz in Vandans wird die Ware sortiert und von dort die verschiedenen Ausgabestellen beliefert.

Doch wie funktioniert die Ausgabe eigentlich? “Es bekommt jeder, der benötigt, Lebensmittel”, erklärt der Standortleiter. Für den Bezug von Lebensmitteln an den Ausgabestellen ist aber eine Berechtigungskarte erforderlich. Die Karten werden nach Prüfung der Einkommensverhältnisse vom Sozialamt der Gemeinde, Caritas, Aktion Leben, Volkshilfe oder IfS ausgestellt. Diese werden dann jedes Mal vor dem Einlass kontrolliert. Einer der Kontrolleure ist Ahmad Nada, der sich notfalls in Arabisch und Gebärdensprache verständlich machen kann.

Die Kundinnen und Kunden werden in Gruppen geteilt, und nacheinander zu den Waren, die in Kisten auf Tischen bereitstehen, gelassen, dabei sorgt ein Rotationsprinzip für Fairness. “Auf die Hand wird die Anzahl der Personen geschrieben, damit man gleich sieht, für wie viele Personen Nahrungsmittel gebraucht werden”, erklärt Wenin. Erwachsene zahlen einen Euro, Kinder 50 Cent Obolus.

Mit dieser Initiative, die vor 17 Jahren von Obmann und Russ-Preisträger Elmar Stüttler gegründet wurde, soll auch der Lebensmittelverschwendung Einhalt geboten werden. “Uns ist wichtig, dass nichts weggeschmissen und dass ein Bewusstsein dafür entwickelt wird”, betonen die beiden.

“Wir sind den Betrieben, die uns unterstützen, sehr dankbar. Gleichzeitig merken wir aber, dass wir weniger Ware bekommen”, schildert Wenin und richtet einen Appell an die Bevölkerung. “Wir wären sehr froh, wenn über die Körbe, die bei den Spar- und Sutterlüty-Kassen stehen, haltbare Grundnahrungsmittel wie Reis, Mehl, Zucker, Konservendosen oder Salz abgegeben werden.”
Tischlein deck dich
www.tischlein-deckdich.at/ausgabestellen/
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