Land zahlt Darlehen vorzeitig zurück

Vorarlberg / 14.10.2022 • 22:03 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Sonderdividende der illwerke vkw und unerwartet hohe Ertragsanteile spülen kräftig Geld in die Kassen des Landes.
Sonderdividende der illwerke vkw und unerwartet hohe Ertragsanteile spülen kräftig Geld in die Kassen des Landes.

Schuldenstand soll um 62,3 Millionen Euro gesenkt werden. Neue Kredite vorerst kein Thema mehr.

Bregenz Nach finanziell bitteren Jahren für das Land Vorarlberg schlägt das Pendel wieder in die andere Richtung. Die Coronakrise hatte 2020 ein tiefes Loch ins Budget gerissen. Die Ertragsanteile des Bundes – also jener Steueranteil, der vom Bund an die Länder und Gemeinden weitergegeben wird – waren zweistellig eingebrochen. Neue Kredite wurden fällig. Jetzt geht es wieder in die andere Richtung.

Der Budgetvoranschlag für 2022 sah noch eine Darlehensaufnahme von 139,1 Millionen Euro vor. Die Netto-Neuverschuldung sollte um 99,2 Millionen Euro ansteigen. Statt tiefroter Zahlen spült es seit Monaten unerwartet viel Geld in die Kassen des Landes. Vorarlberg werde nicht nur keine neuen Kredite aufnehmen, sondern den Schuldenstand abbauen können, so Landeshauptmann Markus Wallner (55, ÖVP) gestern zu den VN.

Hohe Einnahmen

Von den Rekord-Steuereinnahmen des Bundes profitieren also auch Land und Gemeinden. 2021 überwies Wien 735.134.588 Euro auf die Landeskonten und damit um 8,2 Prozent mehr als im Coronakrisenjahr davor. Optimitische Berechnungen gingen für heuer von 811 Millionen Euro an Ertragsanteilen aus – jetzt sollen es aber laut wenige Tage alter Berechnungen sogar 900 Millionen Euro werden. Es laufe finanziell viel besser als erwartet, sagt Wallner.

Rückzahlung

Mit dem unerwarteten Geldsegen aus Wien hat der für die Finanzen zuständige Landeshauptmann diese Woche einen Regierungsbeschluss herbeigeführt. „Wir wollen einen Kontrapunkt zum Bund und anderen Bundesländern setzten und keine neuen Darlehen aufnehmen“, so Wallner. Zugleich sehe man sich in der Lage, Schulden abzubauen. Vorarlberg wird noch in diesen Tagen alle variabel verzinsten Darlehen in einer Gesamthöhe von 36,2 Millionen Euro auf einen Schlag tilgen. Zusammen mit der regulären Schuldenrückzahlung soll der Schuldenstand des Landes so von 538,5 Millionen um 62,3 Millionen auf 476,2 Millionen Euro sinken.

Von Zinsentwicklung unabhängig

„Wir koppeln uns damit von der weltweiten Zinspolitik ab und machen uns unabhängig“, so Wallner weiter. Vorarlberg werde damit bei den Finanzen krisenfester. Die verbliebenen Schulden seien größtenteils bei der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) mit einer Zinsbelastung von deutlich unter 0,1 Prozent.

Bei allen Unsicherheiten scheint auch der Blick über 2022 hinaus finanziell rosig. Für das kommende Jahr rechnet Wallner mit Ertragsanteilen in Höhe von 906 Millionen Euro. Da seien Kalte Progression, Hilfspakete und der Abschwung der Wirtschaft bereits eingepreist. Für 2025 ist dann bereits die Eine-Milliarde-Euro-Marke an Einnahmen prognostiziert.

Lukrative Energiegeschäfte

Deutlich mehr Geld als erwartet spülen auch die illwerke vkw in die Landeskassen. Aus dem aktuellen Wirtschaftsjahr (2021) des Energieversorgers werden es über Sonderdividende statt 27 Millionen in Summe 54 Millionen Euro sein. Im darauffolgenden Jahr rechnet das Land als Eigentümer mit einer noch höheren Gewinnbeteiligung, ohne den prozentuellen Anteil der Entnahme zu verändern. Traditionell gehen 35 Prozent des Nettogewinns ans Land, der überwiegende Teil bleibe dem Unternehmen für Investitionen.

Die illwerke vkw würden das Geld am deutschen Markt durch Eigenvermarktung erwirtschaften, weil die Regelenergie derzeit sehr stark nachgefragt sei. Die Zusatzeinnahmen für das Land bezeichnet Wallner in der jetzigen Phase als „jedenfalls sehr hilfreich“.

Finanzieller Spielraum wächst

Mit den unerwarteten Einnahmen aus Steuern und den Sonderdividenden wächst der finanzielle Spielraum. Die Unsicherheiten und Herausforderungen seien aber auch beachtlich, so Wallner. Im Kampf gegen die Teuerung will das Land „treffsicher einen Beitrag zur Stabilisierung leisten“. Wohnbauhilfe, Familien- und Heizkostenzuschüsse sollen erhöht und auf den Mittelstand, der zunehmend finanziell unter Druck gerate, ausgedehnt werden.

Wallner ermahnt weiter alle Abteilungen, sparsam zu bleiben. Gleichzeitig wolle das Land auch Impulse setzen. Großprojekte, wie etwa der Feldkircher Stadttunnel, würden vorangetrieben. Zudem werde es einen Investitionsschwerpunkt im Bereich Klimaschutz und Energiewende geben, so Wallner.

„Wir wollen uns so unabhängiger machen und bei den Finanzen krisensicherer werden.“

Entwicklung Ertragsanteile

2018 726,45 Mill. Euro

2019 758,27 Mill. Euro (+4,4 %)

2020 680,34 Mill. Euro (-10,3 %)

2021 735,13 Mill. Euro (+8,1 %)

Prognose 2022 900 Mill. Euro (22,4 %)

Prognose 2023 906 Mill. Euro (0,6 %)