Bombenterror in Lustenau. Das passierte am 11. März 1962

Beim Haus von Bürgermeister Robert Bösch explodierte ein Sprengsatz. Täter wurde nie gefasst.
Lustenau Die Nacht zum 11. März 1962 gehörte zu den schwärzesten Kapiteln der Lustenauer Nachkriegsgeschichte. Um circa ein Uhr in der Nacht explodierte im Eingangsbereich des Wohnhauses von Robert Bösch in der Weiherstraße ein Sprengsatz. Nur ganz knapp entgingen die anwesenden Bewohner einer Katastrophe, überlebten den Anschlag körperlich unversehrt. Der entstandene Sachschaden war jedoch beträchtlich.
Viel Glück gehabt
Zum Tatzeitpunkt befanden sich die Frau des Bürgermeisters mit der zweijährigen Tochter im Haus. Sie hatten die Nacht im Wohnzimmer verbringen wollen, weil das kleine Mädchen kränklich war und die Stube im Gegensatz zu den Schlafzimmern beheizt.
Die Vorarlberger Nachrichten beschreiben die schrecklichen Momente und Stunden in ihrer Ausgabe vom 12. März 1962 wie folgt: „Plötzlich gegen 1.00 nachts lag Frau Bösch mit ihrer Brigitte in einem Trümmerhaufen. Ein Riesenkrach, ein Blitzen und ein Rauch – mehr konnte sie zuerst nicht feststellen. Zu Tode erschrocken griff sie nach ihrem Kind, das natürlich sofort weinte. Noch nichts ahnend, dass ein Sprengstoffattentat auf ihr Haus sie so jäh aus dem Schlaf riss, sprang sie mit der Kleinen auf ihren Armen zu den Zimmerleuten im ersten Stock hoch, denen sie das Kind übergab …“

Das Wohnzimmer glich nach dem Anschlag einem Trümmerfeld. Die Fensterfront war zerborsten, Bilder wurden von den Wänden gerissen, der Fernseher durch den Raum geschleudert, eine Lehne am Sofa, auf dem Frau Bösch und ihre Tochter lagen, bewahrte die beiden vor schweren Verletzungen, rettete ihnen womöglich das Leben.

Bürgermeister nicht zu Hause
Zum Tatzeitpunkt befanden sich Bürgermeister Robert Bösch und die ältere Tochter nicht im Haus. Bösch war nach der Generalversammlung der Feuerwehr noch privat mit Freunden unterwegs, das Mädchen befand sich über Nacht bei einer Tante.

Der/die Täter wurden trotz intensiver Ermittlungen nie ausfindig gemacht, die Polizei tappte im Dunkeln. „Es gab jedoch Gerüchte, dass wenige hohe Vertreter der beiden großen Parteien den Täter kannten. Sogar Bürgermeister Bösch soll gewusst haben, wer den Anschlag verübte. Aber niemand habe den Namen preisgeben wollen, aus Rücksicht auf drohende politische Polarisierung“, weiß der Lustenauer Historiker Wolfgang Scheffknecht zu berichten: „Bei dem Täter soll es sich um einen Mann handeln, der kurz nach dem Ereignis Lustenau verließ und in die USA emigrierte. Belegt und bewiesen ist das alles jedoch nicht“, betont Scheffknecht ausdrücklich.
“Gerüchten zufolge wussten einige wenige Personen, wer der Täter war. Den Namen nannten sie nie.”
Wolfgang Scheffknecht, Historiker
Traumatische Folgen
Für die betroffene Bürgermeisterfamilie hatte das Ereignis traumatische Folgen. Die Gattin von Robert Bösch überwand den Schrecken der Nacht nie wirklich und litt fortan an Depressionen. Die Töchter wollen auch heute nicht über die Anschlagsnacht und ihre Folgen sprechen. Die Geschehnisse von damals würden immer noch Wunden reißen. Die ältere Tochter erfuhr erst Jahre später von den Ereignissen der Nacht auf den 11. März. In der Schule erzählte ihr eine Klassenkollegin von dem Anschlag, woraufhin sie dann von den Angehörigen über die Tat aufgeklärt wurde.

Bürgermeister Robert Bösch selbst, dem es mit seiner unnachahmlichen Geselligkeit gelang, ehemals verfeindete Vertreter der zwei großen politischen Lager (Nationale und Christlich-Soziale) zu versöhnen, machte den Anschlag, zumindest in der Öffentlichkeit, nie zum Thema.
Bösch (FPÖ) war in Lustenau Bürgermeister von 1960 bis 1982. Er verstarb ein Jahr nach seinem Rücktritt im Oktober 1983 im Alter von 61 Jahren.