Keine Bannmeile, kein Schutz der Patientinnen

Vorarlberg / 27.10.2022 • 19:06 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Ein positiver Schwangerschaftstest führt viele Frauen in eine Krise. Die Fristenregel erlaubt ihnen den Abbruch. APA
Ein positiver Schwangerschaftstest führt viele Frauen in eine Krise. Die Fristenregel erlaubt ihnen den Abbruch. APA

Grundlage für Wegweisungen vor Abtreibungskliniken fehlt: Diese zu schaffen, wäre möglich.

Schwarzach „Die Bordsteinberater belästigen meine Patientinnen“, sagt Benedikt-Johannes Hostenkamp. Er ist bislang der einzige Arzt in Vorarlberg, der Schwangerschaftsabbrüche anbietet, steht aber kurz vor seiner Pension.

Eine Nachfolgelösung ist geplant. Gespräche zwischen Landesrätin Martina Rüscher (ÖVP), der Krankenhausbetriebsgesellschaft, Hostenkamp sowie Gynäkologinnen und Gynäkologen laufen. „Allerdings ist es aus unserer Sicht zu früh, zum aktuellen Zeitpunkt Detailfragen zu beantworten. Unser Ziel ist es unverändert, bis zum Ende des Jahres eine gute Lösung für die Nachfolge zu finden“, heißt es seitens des Landes.

Keine Antwort zu Bannmeile

Die Frage, ob eine Bannmeile für Abtreibungsgegner, die Patientinnen vor der Klinik ansprechen und belästigen, geben soll oder der Polizei Wegweisungen erlaubt werden könnten, bleibt nach wie vor unbeantwortet. „Hier geht es um Nötigung gegen die freie Berufsausübung und gegen meine Patientinnen, weil viele so aufgewühlt in die Praxis kommen und mehr Narkosemittel brauchen“, erklärte Hostenkamp in einem VN-Interview im Sommer. Die Politik blieb bislang untätig. Das kritisierte auch SPÖ-Obfrau und Ärztin Gabriele Sprickler-Falschlunger: „Was wir ganz dringend brauchen, ist ein Schutz der Frauen, die zum Abbruch gehen“, sagte sie im VN-Sommergespräch. Warum eine Bannmeile bislang gescheitert ist? „Weil man hunderttausend Ausreden gefunden hat, rechtliche und bürokratische. Aber die Politik ist dafür da, eine Möglichkeit zu finden.“

Dass es möglich ist, zeigt die Bundeshauptstadt. Seit 2010 ist es der Wiener Polizei möglich, Abtreibungsgegner vor den Kliniken wegzuweisen. Dies wurde so im Wiener Landes-Sicherheitsgesetz verankert. Wegweisungen sind demnach erlaubt, wenn Personen andere Personen an öffentlichen Orten in unzumutbarer Form belästigen, „insbesondere wenn auf Personen, die sich einer sozialen oder medizinischen Einrichtung nähern, psychischer Druck wie zum Beispiel durch nachdrückliches Ansprechen oder (versuchte) Übergabe von Gegenständen ausgeübt wird“.

In Wien wurden vor 2010 Vorfälle bekannt, wonach Abtreibungsgegner Frauen nicht nur als Mörderinnen beschimpften, sondern ihnen auch kleine Plastikpuppen, Fotos von Embryos oder Broschüren mit auf den Weg geben wollten.

Weggewiesen kann auch werden, wer versucht, Personen am Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, auch zu Abtreibungskliniken, zu hindern oder den Betrieb dieser Einrichtungen zu beeinträchtigen. Die VN sprachen mit einem Wiener Klinikbetreiber, der für die Lösung in der Bundeshauptstadt nur positive Worte findet. Die Stadt habe getan, was ihr möglich sei. Für eine Bannmeile, die Abtreibungsgegner den Aufenthalt vor Kliniken generell untersagen könnte, wäre ein Bundesgesetz nötig. Wegweisungen sind der Wiener Umweg und die einzige landesgesetzliche Möglichkeit, um für den Schutz der Frauen zu sorgen.

„Kam zu Vorfällen“

Die Sprecherin der Landespolizeidirektion in der Bundeshauptstadt, Barbara Gass, teilt mit, dass Ordnungsstörungen auch nach 2010 vorgefallen seien. Die Polizei habe Personen vor Kliniken in Folge weggewiesen. Eine valide Statistik zu diesbezüglichen Anzeigen und Wegweisungen werde aber nicht geführt. „Was ich Ihnen aber mitteilen kann, ist, dass es in der Vergangenheit zu derartigen Vorfällen kam.“ VN-ebi

„Unser Ziel ist es, bis zum Ende des Jahres eine gute Lösung für die Nachfolge zu finden.“

Keine Bannmeile, kein Schutz der Patientinnen