Warum das Pflegestipendium für massiven Ärger sorgt

Vorarlberg / 26.01.2023 • 18:30 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Der Personalmangel im Pflegebereich ist massiv und verschärft sich weiter. <span class="copyright">khbg/mathis</span>
Der Personalmangel im Pflegebereich ist massiv und verschärft sich weiter. khbg/mathis

Frühere Um- und Wiedereinsteiger fühlen sich durch Stichtag benachteiligt.

Rankweil Der Gedanke, in die Pflege zu gehen, war bei Sabrina Bolter (31) immer da. Trotzdem verschlug es die Koblacherin zuerst in den Einzelhandel, wo sie 15 Jahre lang arbeitete. Mit 30 realisierte sie schließlich ihren Traum vom Pflegeberuf. „Ich dachte mir, wann, wenn nicht jetzt!“, erzählt Bolter.

Sabrina Bolter ist das Sprachrohr der verärgerten Pflegeschüler. <span class="copyright">Jäger</span>
Sabrina Bolter ist das Sprachrohr der verärgerten Pflegeschüler. Jäger

Am 1. Oktober 2021 begann sie in der Krankenpflegeschule Rankweil mit der Diplomausbildung. Finanziell über Wasser hält sich die junge Frau mit Arbeitslosengeld plus 200 Euro von der connexia. Entsprechend groß war die Freude, als Gesundheitsminister Johannes Rauch im Mai 2022 ein Pflegestipendium von mindestens 1400 Euro monatlich für Um- und Wiedereinsteiger ankündigte. Inzwischen ist Ernüchterung eingekehrt. „Kurz vor Weihnachten wurden wir per E-Mail informiert, dass das Pflegestipendium nur jene erhalten, die ihre Ausbildung nach dem 1. September 2022 gestartet haben“, berichtet Sabrina Bolter hörbar erregt. Für sie bedeutet das, 350 Euro weniger in der Geldtasche zu haben.

Hoffen auf Gespräch

Auch viele andere sind betroffen. In einem offenen Brief machen Schülerinnen und Schüler, die 2020 bzw. 2021 starteten, ihrem Unmut über diese Regelung nun Luft. Unterstützt werden sie von Lehrpersonen sowie dem Betriebsrat des LKH Rankweil. Insgesamt haben 61 Personen den Brief unterschrieben. Er ging am Mittwochabend per E-Mail an Gesundheitsminister Johannes Rauch, Arbeitsminister Martin Kocher sowie an die Vorarlberger Landespolitik. „Das Thema sollte alle interessieren“, verweist Sabrina Bolter auf den massiven Personalmangel im Pflegebereich. Sie und ihre Kommilitonen hoffen auf ein persönliches Gespräch mit dem Gesundheitsminister. „Anlässlich der Pressekonferenz zur Pflegereform hat er die Verbesserungen bei der Ausbildung als Zuckerle verpackt. Jetzt soll er hin stehen und unsere Seite anhören“, wird Bolter deutlich.

Gesundheitsminister Johannes Rauch steht bei Pflegeschülern in der Kritik. <span class="copyright">APA/Schlager</span>
Gesundheitsminister Johannes Rauch steht bei Pflegeschülern in der Kritik. APA/Schlager

Knackpunkt Stichtag

Sie zitiert im offenen Brief aus der Medieninformation zur Pressekonferenz, in der es unter anderem hieß: „Für Umsteiger:innen, die aus einem anderen Beruf in die Pflege wechseln, sowie für Wiedereinsteiger:innen gibt es während einer vom AMS geförderten Ausbildung ein Pflegestipendium von mindestens 1400 Euro monatlich.“ Tatsächlich war damals noch von keinem Stichtag die Rede. Der wurde erst Mitte Dezember 2022, als die Anmeldungen möglich waren, kommuniziert. Jene, die, wie Sabrina Bolter früher begonnen haben, schauen durch die Finger. Die finanziellen Einbußen durch den Entfall des Pflegestipendiums bewegen sich bei ihren Schulkolleginnen und Schulkollegen zwischen 150 und 350 Euro: „Dabei haben auch wir mit der Inflation und steigenden Lebenshaltungskosten zu kämpfen.“

Auch Arbeitsminister Martin Kocher bekam Post von frustrierten Pflegeschülern.   <span class="copyright">APA/MANHART</span>
Auch Arbeitsminister Martin Kocher bekam Post von frustrierten Pflegeschülern. APA/MANHART

Bolter ärgert sich, dass bei derselben Ausbildung solche Unterschiede in der Förderung gemacht werden, „und das, obwohl wir auf jeden, der eine Pflegeausbildung macht, angewiesen sind“. Schon jetzt sind aufgrund von teilweise massiven Personalproblemen Betten in Krankenhäusern und Pflegeheimen geschlossen. Vorarlberg benötigt in den kommenden acht Jahren 1500 Fachkräfte. Sollte er wirklich daran interessiert sein, den Pflegemangel zu verbessern, „sollten Sie zu Ihrem Wort vom 12. Mai 2022 (Tag der Pflege) stehen und die Ausbildung für alle Um- und Wiedereinsteiger mit dem neuen Pflegestipendium fördern“, legen die Schülerinnen und Schüler dem Gesundheitsminister am Schluss des Briefes noch dringend ans Herz.

Offener Brief Pflegestipendium:

Warum das Pflegestipendium für massiven Ärger sorgt
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