Teuerung setzt auch der Mittelschicht zu

Vorarlberg / 30.01.2023 • 05:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Teuerung setzt auch der Mittelschicht zu
Canva: Apa/Manhart, Apa, VN

Für immer mehr Vorarlberger werden Wohnkosten zum Problem, wird Urlaub zu teuer.

SCHWARZACH Die Teuerung macht immer mehr Menschen in Vorarlberg zu schaffen. Das lässt sich auch aus den Ergebnissen regelmäßiger Befragungen herauslesen, die von der Statistik Austria zu Krisenfolgen durchgeführt werden.

Zuletzt, bei einer Erhebung im Herbst, zeigte sich, dass rund 20 Prozent Wohnkosten als „schwere Belastung“ wahrnehmen und sich regelmäßige Freizeitaktivitäten wie Kino- oder Restaurantbesuche aus finanziellen Gründen nicht leisten können. Fast 30 Prozent können unerwartete Ausgaben in Höhe von 1300 Euro nur auf Pump oder durch Ratenzahlungen bewältigen. Ebenso viele erklären, dass es sich für die Haushaltsmitglieder nicht ausgeht, einmal im Jahr mindestens eine Woche auf Urlaub zu fahren.

Teuerung setzt auch der Mittelschicht zu

Die Befragung fand im September und Oktober statt. Die Ergebnisse wurden heuer im Jänner veröffentlicht. Gegenüber der Befragungswelle im Mai und im Juni haben sich die finanziellen Verhältnisse verschärft. Es stellen durchwegs mehr Menschen Probleme fest.

„Zum Ausdruck kommt die wahrgenommene Teuerung“, analysiert Michael Diettrich, Sprecher der Armutskonferenz, „der Trend ist jedoch realistisch.“ Gabriel Felbermayr, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO, gehe davon aus, dass treffsichere Ausgleichsmaßnahmen zur Teuerung das untere Drittel der Gesellschaft umfassen müssten. „Wir von der Armutskonferenz erwarten, dass die unteren 40 Prozent Schwierigkeiten bekommen“, so Diettrich: „Das bedeutet, dass auch die untere Mittelschicht unter Druck gerät.“ Dazu gezählt wird etwa auch ein Haushalt mit zwei Erwachsenen und einem Kind, der alles in allem 3000 Euro netto pro Monat zur Verfügung hat.

„Die Erhebung der Statistik Austria bildet eine Entwicklung ab, die zu erwarten war“, meint Caritasdirektor Walter Schmolly: „Menschen, Familien, Haushalte mit geringen Einkommen werden von der Teuerung deutlich härter getroffen. Die Folge ist, dass die Budgets dieser Haushalte und ihre Möglichkeiten, die Preissteigerungen bewältigen zu können, von Monat zu Monat mehr erschöpft werden. Das hat zum einen damit zu tun, dass sie das Geld vorwiegend für Dinge ausgeben müssen, für die die Teuerung deutlich über der Durchschnittsteuerung liegt: Nahrungsmittel, Wohnen, Energie, Mobilität.“ Auf Reserven könnten diese Haushalte zugleich kaum zurückgreifen im Normalfall.

Die Caritas muss mehr helfen

Ausgleichszahlungen und Beihilfen federn laut Schmolly „selbstverständlich manches ab, aber eben nicht alles“. Über die Monate wachse so die Zahl derer, die zusätzliche Unterstützung brauchen. Das merke man auch in den Beratungsstellen der Caritas im Land: 2022 hätten um 54 Prozent mehr Haushalte finanzielle Hilfe für die Bezahlung der Energiekosten erhalten als im Jahr davor.

Insgesamt sieht Walter Schmolly eine kritische Entwicklung: „Wenn sich die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter öffnet und die Gruppe der Personen und Familien, die den Anschluss verlieren oder zumindest von dieser Angst umgetrieben sind, noch größer wird, dann ist das zunehmend eine Gefahr für den sozialen Frieden, und schwächt es unsere Gesellschaft in ihrer Fähigkeit, die anstehenden ökologischen und sozialen Herausforderungen zu bewältigen.“

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