Eine grüne Abrechnung mit der Volkspartei

Vorarlberg / 02.02.2023 • 18:48 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
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Als “Protokoll einer großen Täuschung” bezeichnet die Grüne Fraktion ihren Bericht über den Korruptions-Untersuchungsausschuss.WERNER

Die Grünen legen ihren Bericht zum U-Ausschuss vor.

Wien Wie der Koalitionsvertrag von ÖVP und Grünen mit ihrer Arbeit im Korruptions-Untersuchungsausschuss, in dem vor allem die Arbeit der ÖVP-Regierungsmitglieder kontrolliert werden sollte, zusammenpasst, wird Nina Tomaselli gefragt. „Wir als Abgeordnete haben zwei Aufgaben: Ordentliche Gesetze zu beschließen und die Kontrolle“, antwortet die Grüne Fraktionsführerin im U-Ausschuss. Dazu gehöre natürlich auch, die eigene Regierungsarbeit zu kontrollieren. Und die Schlüsse daraus zu ziehen.

Sanierung des Vertrauens

Das machen die Grünen in ihrem gestern, Donnerstag, vorgelegten Fraktionsbericht und gehen dabei überraschend deutlich mit der türkisen Volkspartei ins Gericht: Es handle sich um ein „Protokoll der großen Täuschung“. Das Ziel müsse nun sein, das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen. Denn in dieser Hinsicht sei in den vergangenen Jahren viel zerrüttet worden, sagt die Feldkircherin und zählt auf: Mit Inseratenaffären, Aufträgen für befreundete Unternehmen, Postenschacher und einer „Spezialbehandlung für Superreiche“ hätten die Verantwortlichen ein untragbares Bild abgegeben, sagt Tomaselli sinngemäß.

Außerdem verweist sie auf einen „Kuschelkurs mit Putin“ und kritisiert im Bericht die Besuche österreichischer Delegationen in Moskau: unter anderem von einer Vorarlberger Abordnung rund um Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) im Oktober 2018, die VN berichteten. Die Verbindungen aus Wien in Richtung Moskau würden sich auch für einen weiteren U-Ausschuss anbieten, hält Tomaselli fest, bisher habe es aber nur von den Neos positive Signale in diese Richtung gegeben.

Gestörte Aufklärung

Zur geforderten Aufklärungsarbeit habe der U-Ausschuss einen guten Beitrag geleistet und „sehr gute Wirkung“ entfaltet. Manchmal hätte sich die 37-jährige Nationalratsabgeordnete aber mehr Zusammenarbeit unter den Fraktionen gewünscht und sprach dabei wieder die ÖVP an. Zwar sei es nicht angenehm, im Scheinwerferlicht der Aufklärungsarbeit zu stehen, sprach sie ihren Koalitionskollegen die Situation nicht ab, aber: „Ich hätte mir gewünscht, dass sie die anderen Fraktionen nicht bei der Aufklärung gestört hätten.“ Um das in Zukunft zu verhindern, sei zum Beispiel eine Änderung der Verfahrensordnung notwendig, um Live-Übertragungen von Befragungen zuzulassen: Damit ließen sich endlose Geschäftsordnungsdebatten – laut Bericht immerhin 27 Stunden – sicher verkürzen.

Bei der Arbeit stören lassen hat sich der Ausschuss davon aber nicht, so wirkt zumindest die Aufzählung der Auswirkungen durch Tomaselli: Sie verwies auf zahlreiche Rücktritte, zum Beispiel von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) oder Verfassungsrichter Wolfgang Brandstetter. Außerdem sei bei den Gesetzesbeschlüssen einiges weitergegangen, was etwa die „gläsernen Parteikassen“ betrifft. Der nächste Schritt sei aber die Abschaffung des Amtsgeheimnisses – daran werde man weiter „beharrlich arbeiten“.

„Grüne Lippenbekenntnisse“

Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper bemängelte die „grünen Lippenbekenntnisse“ jedoch, denn sonst hätten sie den Neos-Anträgen im vergangenen Plenum für ein Informationsfreiheitsgesetz, ein schärferes Korruptionsstrafrecht und einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt zugestimmt, so Krisper. Die Grünen positionierten sich im U-Ausschuss als Aufklärer, in der Regierungsverantwortung würden sie dann aber die Haltung verlieren und umfallen. MAX

„Wir wollen ihr auch in Zukunft treu bleiben: der Seite der Auf­klärung.“

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