Die Teuerung befeuert auch die Umsatzsteuer
Budgetexpertin Margit Schratzenstaller hält
nichts davon, sie aufs Lebensmittel zu streichen.
SCHWARZACH Das Finanzministerium verzeichnete 2022 erstmals Steuereinnahmen in Höhe von mehr als 100 Milliarden Euro. Auch aufgrund der Teuerung ist das Aufkommen um neuneinhalb auf 105,2 Milliarden Euro gestiegen. Das ist dem Vollzugsbericht für Dezember zu entnehmen.
Der Spielraum von Ressortchef Magnus Brunner (ÖVP, 50) bleibt jedoch begrenzt: Abgesehen davon, dass ein Teil der Einnahmen über den Finanzausgleich an Länder und Gemeinden fließt, haben auch die Ausgaben kräftig zugenommen. Und daran wird sich auch heuer nichts ändern. Besonders dynamisch hat sich im vergangenen Jahr das Umsatzsteuer-Aufkommen entwickelt. Es ist um mehr als 15 Prozent auf 35,4 Milliarden Euro geklettert. Ausschlaggebend dafür ist zunächst ein ungewöhnlich niedriges Ausgangsniveau: 2021, das Jahr davor, war noch im Zeichen von Coronakrise und zum Beispiel einer vorübergehenden Steuersenkung im Bereich Gastronomie, Hotellerie und Veranstaltungen gestanden, wie Margit Schratzenstaller, Budgetexpertin am Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO, analysiert.
Zum anderen aber ist das Aufkommen vor allem im zweiten Halbjahr 2022 „auch von der gestiegenen Inflation getrieben“ worden, wie es im Vollzugsbericht heißt. Die Umsatzsteuer-Sätze sind zuletzt gleichgeblieben. Wenn Preise steigen, führt jedoch schon das zu einem steigenden Aufkommen. Sozialdemokraten und Freiheitliche fordern daher immer wieder, die Steuer auf Lebensmittel auszusetzen oder zu streichen.
„Das ist eine nicht sehr zielgerichtete Maßnahme, die sämtliche Konsumentinnen und Konsumenten entlastet, und nicht nur jene, die aufgrund ihres geringen Einkommens besonders durch die Inflation belastet werden“, sagt Schratzenstaller dazu. Abgesehen davon wäre nicht sicher, ob eine Streichung weitergegeben werden würde, die Preise also wirklich um zehn Prozent sinken würden.
Weg von der Gießkanne
Sofern weitere Maßnahmen gesetzt werden, wäre es daher zielführender, treffsichere Unterstützungen für Leute mit wenig Geld vorzunehmen, bekräftigt Schratzenstaller. Also weg von der Gießkanne. Bei Lebensmitteln beträgt der Umsatzsteuersatz zehn Prozent. Würde man die Steuer nach einer Aussetzung wieder einführen, hätte man ein neues Problem, warnte die Expertin: Es könnte zu steigenden Preisen und damit erst recht wieder einer Teuerung kommen.
Stark wachsende Steuereinnahmen heißen bildlich gesprochen nicht, dass der Finanzminister im Geld schwimmt. Es bleibt zu wenig: Margit Schratzenstaller rechnet vor, dass schon die bisherigen Unterstützungsmaßnahmen des Bundes 7,6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr gekostet haben. Dazu würden etwa noch 3,8 Milliarden Euro für eine strategische Gasreserve kommen. In Summe würden die inflationsbedingten Mehreinnahmen kleiner bleiben als die inflationsbedingten Mehrausgeben. Dazu zählen auch angepasste Beamtengehälter und Pensionen sowie Sozialleistungen, die ab heuer indexiert werden. JOH
„Zielführender wäre es, treffsichere Unterstützungen für Menschen mit wenig Geld vorzunehmen.“
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