Die Welt im Kleinen retten
Unlängst habe ich online bei einer Tageszeitung den Test gemacht, ob ich meinen Müll richtig trenne. Ich schnitt, ich muss es sagen, hervorragend ab. Liegt vielleicht daran, dass ich schon als Kind zur Mülltrennerin erzogen wurde, weil das im Ländle schon so lange selbstverständlich ist. Ich erinnere mich auch an die herrlichen Sperrmülltage, die es noch gab, als wir Kinder waren: Ein riesiger Gratis-Flohmarkt auf allen Straßen, man musste sich nur die Erlaubnis der ehemaligen Besitzer einholen, wenn man etwas sah, das man brauchen konnte. Gibts Sperrmülltage eigentlich noch? Jedenfalls nicht in Wien und Niederösterreich, leider.
Neu ist jetzt, was alles in den gelben Sack – in Wien die gelbe Tonne – darf. Daran muss ich mich erst noch gewöhnen. Denn während in meiner Kindheit immer jeder Joghurtbecher in den Plastikmüllsack kam, landete er in Wien bislang im Restmüll. Jetzt nicht mehr. Jetzt kommt er auch in Niederösterreich in den gelben Sack, der sich bei mir, seit wir im Dorf endlich fließendes Leitungswasser haben und mein Pet-Flaschen-Verbrauch auf null sank, nur langsam füllte. Das wird jetzt wieder anders.
Hier im Waldviertel gibt es zu den traditionellen Bauernläden jetzt immer mehr Hofläden im Selbstbedienungsprinzip. Das funktioniert wunderbar und ist sehr praktisch, wenn man, wie ich, in einer Gegend mit einer eher mauen Infrastruktur wohnt. In zwei Nachbarorten gibt es jetzt solche Hofläden, in denen man jeden Tag von der Früh bis spät am Abend einkaufen kann. Bestückt werden sie von Bäuerinnen und anderen Produzenten aus der Umgebung mit fantastischen Sachen. Kühl- und Gefrierschränke voller Bio-Fisch und Wild-Fleisch, fantastische Aufstriche aller Art, frische Freiland-Eier, und Bio-Eis. Es gibt Erdäpfel, Säfte, Mehle aus kleinen Mühlen, Wolle und Hauben von glücklichen Schafen, Kuchen, Brot, und einen Wild-Leberkäse zum Selberbacken, der momentan der Hauptgrund dafür ist, warum ich nicht ganz zur Vegetarierin werde. Man nimmt sich alles selber und bezahlt an einer Scan-Kassa, beobachtet von einer Kamera.
Ich liebe diese Läden und bin voller Respekt vor den Frauen und Männern, die diese guten Lebensmittel mit so viel Liebe produzieren. Was ich am Dorf und an so kleinen Initiativen außerdem wieder so schätze: die Leute, die dort einkaufen, stellen die Schraubdeckelgläschen, Milchflaschen und Eierkartons ganz automatisch wieder zurück, auch wenn es kein Pfand drauf gibt. Ich finde es schön, dass auch solche kleinen Systeme wieder erfolgreich funktionieren, und ich finde, sie machen die Welt im ganz Kleinen ein bisschen besser.
„Denn während in meiner Kindheit immer jeder Joghurtbecher in den Plastikmüllsack kam, landete er in Wien bislang im Restmüll.“
Doris Knecht
doris.knecht@vn.at
Doris Knecht ist Kolumnistin und Schriftstellerin. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien und im Waldviertel.
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