Grenzen des Kinderschutzes

Vorarlberg / 07.02.2023 • 22:02 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Derzeit prüft das Land, ob es sich bei der Einrichtung vor allem um eine Kinderbetreuung oder Skischule handelt. VN/Steurer
Derzeit prüft das Land, ob es sich bei der Einrichtung vor allem um eine Kinderbetreuung oder Skischule handelt. VN/Steurer

Alle würden von Kinderschutzkonzepten profitieren, ist Kinder- und Jugendanwalt überzeugt.

Bregenz Der Vater des möglicherweise betroffenen Dreijährigen will die aus seiner Sicht laschen Ermittlungen der Polizei auf Amtsmissbrauch untersuchen lassen. Eine entsprechende Anzeige wurde bereits am Montag in Vorarlberg LIVE angekündigt. Derweil beschäftigt sich das Land mit der Frage, um was es sich bei der Betreuungseinrichtung in Lech eigentlich handelt: Ist es in erster Linie eine Einrichtung zur Betreuung von Kindern oder zum Erwerb von Fertigkeiten, sprich Skifahren?

Unterschiedliche Vorgaben

Entsprechend unterschiedlich wären zum einen die Anforderungen an das Personal. Der Mindestanspruch wäre im Falle einer Vergleichbarkeit zu einer Spielgruppe die Einstellung von geeignetem verlässlichem Personal. Auf jeden Fall wäre die Prüfung des Leumundes des Personals eine Grundvoraussetzung, bestätigt die zuständige Fachabteilung gegenüber den VN. Und es hätte sich die Einrichtung der aktiven Kontrolle durch die Abteilung zu unterwerfen. Wäre es hingegen in erster Linie eine Skischule, wäre dies nicht der Fall gewesen.

Zum anderen gilt das im Oktober beschlossene Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsgesetz des Landes eben nur für Kinderbetreuungseinrichtungen, auf Bundesebene wird eine Verbesserung des Kinderschutzes seit Monaten debattiert. Dieses fordert von entsprechenden Betreuungseinrichtungen bis zum Ende des Jahres 2023 die Ausarbeitung eines Kinderschutzkonzepts. Für Vereine, Fahrschulen, Tanzschulen und eben auch Skischulen gibt es keine solche Pflicht.

Konzept wäre Vorteil für alle

„Hier muss man den Blick erweitern“, ist Kinder- und Jugendanwalt Christian Netzer überzeugt. „Es darf keinen Unterschied machen, ob das Kind in einem Kindergarten oder Vereinsgebäude ist.“ Einerseits gibt es gerade in Sport- und Kulturvereinen oft enge Vertrauensverhältnisse zu den Bezugspersonen, andererseits etwa im kompetitiven Bereich doch auch Abhängigkeitsverhältnisse. Dieses Vertrauen ist oft berechtigt, verwehrt sich Netzer, Betreuer unter einen Generalverdacht zu stellen. Aber im Verdachtsfall reichen die Erschütterungen entsprechend tief. Er appelliert daher, sich auch ohne gesetzlichen Druck Gedanken um ein eigenes Kinderschutzkonzept zu machen.

Dies würde sowohl zum Schutz der Kinder wie auch der Mitarbeiter und der Institution selbst dienen. „Man sieht es gerade im aktuellen Fall: Der Verdacht verunsichert viele Eltern und stellt einen Imageschaden dar“, zeigt Netzer auf. Ein freiwilliges Kinderschutzkonzept könne hier gerade Eltern Sicherheit geben, da sie wissen, dass man sich frühzeitig mit dem Thema auseinandergesetzt hat und es ernst nimmt. „Es sind oft banale Maßnahmen, aber die entsprechenden Standards können Diskussionen vermeiden helfen“, betont der Kinderanwalt.

Denn es stellt sich auch die Frage, wie die Institution, sei es Skischule oder Verein, und Betreuer im Verdachtsfall belegen können, dass die Befürchtungen unbegründet sind. Entsprechende Maßnahmen wie etwa, dass nie ein Betreuer allein mit den Schutzbefohlenen ist oder baulich sichergestellte Sichtlinien können hier helfen. Auch liefert ein entsprechendes Konzept einen Leitfaden, wer wie wann zu informieren ist. „Dies gibt Klarheit im weiteren Verlauf“, begrüßt Netzer entsprechende Überlegungen. „Dies vermeidet auch Verzögerungen und könnte so im schlimmsten Fall weitere Übergriffe verhindern.“ VN-RAU

„Es sind oft banale Maßnahmen, aber die Standards können Diskussionen vermeiden helfen.“

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