Vorarlberger Spezialisten auf dem Weg in die Türkei: „Hoffentlich kommen alle wieder gut und gesund nachhause“

Die Spezialeinheit SARUV hat sich am Dienstagmittag auf den Weg in Richtung Türkei gemacht.
Rankweil Das Ausmaß der Zerstörung ist gewaltig. Tausende Menschen sind bei den heftigen Erdbeben in der Türkei und Syrien ums Leben gekommen. Noch mehr haben alles verloren. Die Zahl der Opfer steigt ständig. Die Suche nach den Verschütteten ist ein Wettlauf gegen die Zeit und die Kälte. Als die Verantwortlichen der Rankweiler Such- und Rettungseinheit (SARUV) die Bilder aus dem Katastrophengebiet sahen, zögerten sie nicht lange. „Wir haben die Einsatzbereitschaft hergestellt und haben uns eingemeldet“, schildert Markus Mayr, Kommandant der Feuerwehr Rankweil und Mitglied der SARUV.
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Auf Ansuchen der Türkei wurde vom europäischen Mechanismus für internationale Hilfseinsätze ein Hilfeersuchen an das Innenministerium ausgesendet. Nachdem das Land Vorarlberg der Entsendnung zugestimmt hat, ging alles ganz schnell.
Bei Roman Preg (54) klingelte das Telefon am Montag gegen 14.30 Uhr. Der Rankweiler ist seit 40 Jahren Mitglied der Feuerwehr. Mit der SARUV war er schon auf Erdbebeneinsätzen in Algerien, Iran und Marokko. „Zuerst einmal musst du in der Firma fragen, ob du frei bekommst. Das ist aber einfach gegangen. Der Chef ist sehr kulant“ sagt Preg. Noch am Montagabend wurde im Feuerwehrhaus in Rankweil mit den Vorbereitungen begonnen. „Mobilisierung, Verladung des Equipments, diverse Abklärungen“, schildert der Kommandant. Der Einsatz soll fünf bis sieben Tage dauern.


Die Abfahrt in Richtung Flughafen Zürich ist am Dienstag für 13 Uhr vorgesehen. Eine knappe Stunde davor werden in Rankweil noch die letzten Vorkehrungen getroffen. „Wir müssen noch den Treibstoff aus den Aggregaten nehmen, weil im Flugzeug Treibstoff verboten ist“, erläutert Ehrenkommandant Josef Schwarzmann. Insgesamt müssen sechs Tonnen Ausrüstung an Bord der Maschine, die vom Bundesministerium gechartet wurde, darunter hydraulische Gerätschaften für die Bergung, Suchkameras, akustische Ortungsgeräte oder Betonschneidemaschinen.



Unterdessen treffen immer mehr SARUV-Einsatzkräfte beim Feuerwehrhaus ein. Gerlinde Barbisch hat ihren Mann Gebhard hergefahren. Der langjährige Leiter der Bergrettung Vorarlberg, hat schon viele schwierige Einsätze absolviert, Erdbebeneinsatz ist es sein erster. „Man muss das Vertrauen haben, dass alles gut geht, sonst geht es nicht, sonst macht man sich selbst kaputt“, sagt die Rankweilerin. „Das ist das Einzige, was man tun kann und ein Kerzchen anzünden. Ich hoffe, dass die Telefonnetz funktioniert und ich jeden Tag einmal Bescheid bekommen.“ Gebhard Barbisch hat auf EU-Ebenen Ausbildungen im internationalen Katastrophenmanagement absolviert. Bei dem Einsatz in Süden der Türkei ist seine Expertise als Bergretter gefragt.



Die Spezialeinheit Gebäudeeinsturz – bei internationalen Einsätzen SARUV (Search and Rescue Unit Vorarlberg) – wurde 2001 gegründet. Sie besteht aus Mitgliedern der Feuerwehr, des Samariterbundes, des Roten Kreuzes und der Bergrettung. Der Trupp mit Ziel Adana, eine 2,2 Millionen-Einwohnern-Stadt im Süden der Türkei, knapp 200 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt, umfasst 32 Männer und Frauen und fünf Suchhunden.





Mit Dr. Robert Spiegel ist auch Mediziner dabei. Der 65-Jährige, der das Sanitätszelt im Camp verantworten wird, hat schon mehrere UNO-Einsätze wie beim Erdbeben in Nepal und beim Tsunami in Süd-Ost-Asien hinter sich. „Ich kenne es ein bisschen, was auf uns zukommt. Es ist es vielleicht ganz gut, wenn ein älterer Opa mitgeht, der die Leute vorbereiten und auch betreuen kann“, merkt Spiegel mit einem Schmunzeln an.


Was auf die Helfer vor Ort wirklich zukommt, weiß am Ende niemand. Erschwerend kommt die Kälte hinzu. Für die nächsten Tage ist weiter Schneefall angesagt. Roman Preg hat, wie alle hier, die Medienberichte über das verheerende Erdbeben verfolgt. „Ich denke, dass die Bergung nicht einfach sein wird, weil viele Häuser aufeinander drauf gestürzt sind. Aber das werden wir schon machen. Gegen die Kälte sind wir ordentlich bekleidet. Alles andere muss man vor Ort sehen“, betont der 55-Jährige.


Geplant war, dass ein Teil der Spezialeinheit aus Vorarlberg noch am Dienstagabend in den Einsatz geht, während der andere Teil das Zeltcamp aufbaut. Die ehrenamtlichen Spezialisten können auf Erfahrung aus Erdbebenregionen in Iran, Algerien oder Marokko sowie jahrelange Ausbildungen zurückgreifen.

Ergin Ergüven (39) spricht fließend Türkisch und wird vor Ort auch als Übersetzter fungieren. Für das Mitglied der Feuerwehr Lustenau ist es der erste Einsatz. „Ein bisschen aufgeregt ist man schon, aber vor allem fokussiert. Man kennt bislang die Bilder aus den Medien, aber wie die Lage vor Ort tatsächlich ist, wird sich weisen“, sagt Ergin Ergüven. Die Ergebnisse der Suche seien zum Teil ganz gut. „Am Montag wurde in Mädchen nach 17 Stunden aus den Trümmern geborgen. Diese Hoffnung sollte man bis zum Schluss beibehalten“, ergänzt er. Erika Schobel ist zum Feuerwehrhaus gekommen, um ihren Sohn Christian zu verabschieden. „Der ist überall dabei“, sagt die Rankweiler und winkt an. Wenn ihr Sohn in eine Erdbebengebiet gehe, habe sie immer Angst. „Jetzt hat er auch eine Frau und ein kleines Kind mit eineinhalb Jahren. Hoffentlich kommen wieder alle gut und gesund nachhause. Für die Psyche ist es ja auch nicht so ohne.“





Spendenaufruf “Vorarlberg hilft”
Das schwere Erdbeben forderte laut vorläufigen Angaben bereits fast 5000 Tote und mehr als 23.500 Verletzte in der Türkei und Syrien. Caritas, Rotes Kreuz, Land und Vorarlberger Nachrichten bitten im Rahmen von “Vorarlberg hilft” die VN-Leserfamilie um Spenden für Hilfsmaßnahmen bzw. die Unterstützung der Hilfskräfte vor Ort.
Caritas Raiffeisenbank: IBAN AT32 3742 2000 0004 0006, Kennwort: „Erdbeben Syrien und Türkei“
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Rotes Kreuz Vorarlberg Raiffeisenbank Montfort: AT84 3742 2000 0014 3248, Kennwort „Erdbeben Türkei, Syrien“
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